Dienstag, 25. Juni 2013

Scherben bringen... Touristen

28 mm | 1/15 s | f2 | ISO 110 | Nikon Coolpix P7700

Little Chapel auf der Kanalinsel Guernsey
#Reise #nachgereicht

#Devotionalien mit #Gästebuch

Die Little Chapel befindet sich im Tal von Les Vauxbelets, Saint Andrew, auf der Kanalinsel Guernsey. Das Besondere an diesem Bauwerk ist nicht nur ihre handliche Größe, sondern vor allem das Dekor: Die Wände sind mit unendlich vielen Porzellanscherben, Kieselsteinen und Muscheln verziert. Ob sich der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser davon für sein Hundertwasserhaus in Wien hat inspirieren lassen, ist mir nicht bekannt.

Die Little Chapel gilt als die kleinste geweihte Kirche der Welt, aber bis es so weit kam, mussten einige Hindernisse überwunden werden. Im Juli 1914 begann Bruder Déodat mit der ersten Version. Angedacht war eine Miniaturausgabe der Grotte und der Basilika von Lourdes, der Rosenkranzbasilika. Die erste Kapelle entstand im März 1914. Sie hatte eine Länge von 9 Fuß und war 4,5 Fuß breit. Ein Fuß sind 30,48 cm, also sprechen wir von einem Raum, der 2,75 x 1,37 Meter groß, beziehungsweise klein war. 😅 Das muss man verstehen, denn die Insel hat insgesamt nur eine Fläche von 63,4 km², da hat man nicht so viel Platz für monströse Bauwerke. 

Nachdem er von anderen Brüdern kritisiert worden war, ließ Déodat die erste Kapelle wieder abreißen. Im Juli 1914 stellte er eine neue Kapelle fertig (diesmal 2,75 x 1,83 Meter). Die kam bei den Brüdern deutlich besser an, doch als der Bischof von Portsmouth dem wundersamen Bau im Jahr 1923 einen Besuch abstattete, passte er nicht durch die Tür. Also riss Déodat auch die zweite Version wieder ab.
Der Bau der dritten und jetzigen Ausführung des Bauwerks begann kurze Zeit später, es misst heute ca. 4,90 mal 2,75 Meter. 1939 übersiedelte Déodat aus gesundheitlichen Gründen nach Frankreich und starb dort, ohne dass er die vollendete Kapelle je zu Gesicht bekommen hätte. Wenn er wüsste, was daraus geworden ist, wäre er sicher erleichtert, vielleicht sogar stolz.

Ende gut, alles gut...
Die Little Chapel wird heute als die "wahrscheinlich größte Touristenattraktion auf Guernsey' und als 'komplex' bezeichnet, je nachdem, wie man das Wort 'intricate' übersetzt. Es kann auch wunderschön heißen, aber Schönheit liegt bekanntlich im Auge der Betrachtenden. Sie ist auf jeden Fall einzigartig, und man sollte sie selbst gesehen und betreten haben wenn man Guernsey besucht. Der französische Dichter Victor Hugo hat dort lange im Exil gelebt, seine Schmähgedichte hatten der Obrigkeit nicht gefallen. Auch der Maler Auguste Renoir war hier, und hat sich von der malerischen Insel zu ein paar Gemälden inspirieren lassen.

Was man vielleicht auch noch wissen sollte: Es landen mehr als 100 Kreuzfahrtschiffe pro Jahr auf Guernsey, und bringen über 100.000 Tagesgäste auf die Insel. Gottseidank kommen die nicht alle am selben Tag.

Siehe auch: Völlig unrealistisch, Ein Plädoyer für die Urlaubskarte, Frei nach NietzscheDudelsackpfeifen, #Reise, #nachgereicht

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