Montag, 9. Dezember 2013

Lasst uns mal kreativ sein...

Menschen, die "kreativ" sind, werden für diese Eigenschaft bewundert. Leider glauben viele Menschen, dass sie alles andere als kreativ seien. Das stimmt nur zum Teil. Die Kreativität ist da, aber es fehlt der Mut, sie zuzulassen. Das Umfeld, in dem sich die meisten Menschen bewegen, ist oft ausgesprochen kreativitätsfeindlich. Zeitdruck, Leistungsorientierung und "gesunder Menschenverstand" ersticken die kreativen Impulse und verhindern Innovationen, die wir dringend brauchen könnten.















Seminare, in denen man Kreativitätstechniken lernen kann - Brainstorming, Mindmapping etc. - gibt es zuhauf. Ich habe Mitte der 90er Jahre auf eigenen Wunsch einen solchen Kurs besucht, er dauerte vier Abende lang, und es war eine schockierende Erfahrung. Mein damaliges Fazit: ich habe mich tierisch gelangweilt. 
Die Techniken an sich sind hervorragend, aber es kommt darauf an, wie und wo man sie einsetzt. Und es kommt immer darauf an, in welchem Umfeld man sich bewegt.  

Nicht kreativ genug
Im Seminar, das ich damals besuchte, hatte die "Kreativität" einzig und allein den Zweck, möglichst schnell auf Ideen zu kommen, wie man noch mehr Produkte verkaufen, oder seltsam anmutende Rechenaufgaben lösen konnte. Die meisten Teilnehmer waren Mitarbeiter der Handysparte eines großen Elektronikkonzerns. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass wir damals ein Brainstorming zu neuen Handyfunktionen machen sollten. Wie gesagt, das war Mitte der 90er Jahre... Alle Ideen waren erlaubt, sie sollten nicht bewertet oder kritisiert werden, wir haben nur aufgeschrieben, was uns zu diesem Thema einfiel. 


Ein Satz, der mir noch heute im Ohr klingt, war der zusammenfassende Spruch eines Teilnehmers: Ja, ein Handy, das alles kann - außer Kaffee kochen. Großes Gelächter. Gut zehn Jahre später hielt Steve Jobs das erste iPhone in die Kamera und mir fiel die Kinnlade runter. Das iPhone kann so ziemlich alles, worüber sich die Leute in jenem Kreativitätskurs lustig gemacht hatten. Ziemlich schnell hatten sich die Kursteilnehmer darauf geeinigt, dass man sich mit den "machbaren" Ideen intensiver beschäftigen solle. Die ganzen wunderbaren, visionären und verrückt anmutenden Ideen, die damals auf dem Flipchart standen, fand niemand interessant genug. Heute sind sie alle Realität. Welch ein Wunder, dass die Siemens AG heute keine Handys mehr im Programm hat?

Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Kreativität braucht Freiheit, die Möglichkeit zu denken, zu tun und zu formulieren was einem gerade in den Sinn kommt, selbst wenn es noch so seltsam erscheinen mag. Wenn sich jemand mit Dingen beschäftigt, die nichts Nützliches oder Verwertbares beinhalten, gilt das gemeinhin als Zeitverschwendung. Was sich nicht zeitnah in Zahlen und Daten messen lässt, ist uneffektiv. Shareholder-Value: in diesem Geschäftsjahr, nicht in fünf oder zehn Jahren.... Anstatt zu fragen, wie man das Illusorische hinbekommen könnte, greift man immer wieder zu Altbewährtem, begnügt sich mit dem, was erprobt ist. Das geht schneller, führt schrittweise zu kleinen Verbesserungen, ist aber nur selten ein "großer Wurf". An visionären Ideen arbeiten ist mühsam, es gibt keine Erfolgsgarantie und es birgt das Risiko, sich lächerlich zu machen. 

Wer eine Vision hat, der sollte zum Arzt gehen??? 

Während die unausgesprochenen Gedanken noch halbwegs frei sind, wird es schon erheblich schwieriger, wenn man sie mit anderen Menschen teilt. Wirklich kreative Menschen gelten als Spinner, und wer will das schon? Jeder von uns ist immer wieder Teil dieses unkreativen Umfelds: Wir hindern nicht nur uns selbst, sondern auch andere daran, "verrückte" Ideen zu verfolgen. Mit einem schiefen Blick, einem herablassenden Kopfschütteln, einem bissigen Kommentar holt man die kreativen Spinner ganz schnell wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. 

Ob man nun eher kreativ/innovativ oder bodenständig/konservativ ist: beide Weltsichten haben ihre Berechtigung. Man ist erst mal gut aufgehoben, wenn man sich mit Weggefährten umgibt, die ähnlich denken wie man selbst. Aber es wäre schade, wenn man sein ganzes Leben immer nur auf eine Seite der Medaille starrt. 
Eigenschaften wie Toleranz und Respekt für das "Andersartige" sind die wichtigste Grundvoraussetzung, um ein kreatives Umfeld zu schaffen. Man muss nicht immer alles gut finden, aber man kann sich ja darauf einigen, unterschiedlicher Meinung zu sein. Einen größeren Gefallen kann man der eigenen (und fremden) Kreatitivität nicht tun.

Dass es einem schlecht geht, dazu muss man nicht begabt sein, jeder kann es. Glücklichsein ist der Nebeneffekt der Kreativität. Schaffe etwas, und du wirst glücklich sein. (Osho)
 

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