Dienstag, 12. Januar 2021

Nomen est Omen

Wenn man morgens durch den verschneiten Park läuft, trifft man immer Leute. In diesen Tagen sind es weniger, weil es eisig und sehr glatt ist. Aber die Hundespaziergänger müssen raus, mit ihren Vierbeinern Gassi gehen. Da rennt schon mal ein großer schwarzer Hund mit Vollkaracho hinter einem Eichhörnchen her, und vergisst total, dass er eigentlich bei Fuß gehen sollte.  

"Oger! Oger!" schallt es aus der Ferne. "Kommst du her!"

Oger? Moment mal. Das war doch dieser hässliche Kerl aus dem Film...! Also als Hund wäre ich beleidigt, wenn man mir so einen Namen gäbe.

Falls Sie nicht wissen, was ein Oger ist, Wikipedia hilft: Ein Oger ist ein menschenähnlicher Unhold in Märchen, Sagen, fantastischen oder ähnlichen Erzählungen. Das Wort bezeichnet heute ein fiktives, menschenartiges, aber missgestaltetes Wesen, das sich in der Regel durch enorme Körpergröße und Kraft auszeichnet. Oger wirken hässlich und scheuen den Kontakt mit Menschen.

Na bitte. Damit wäre geklärt, warum dieser Oger lieber zwischen den Bäumen verschwunden ist, oder auch warum man ihm diesen wahrlich ungewöhnlichen Namen verliehen hat.

Keine fünf Minuten später sehe ich einen kleinen dicken grauen Hund, eine extrem kurzbeinige Erscheinung mit wuscheligen Ohren, wahrscheinlich eine Mischung aus Terrier und Rauhaardackel. Der hat offensichtlich zu viele Weihnachtsplätzchen konsumiert, und Bewegung dringend nötig. Doch dieser gemütliche Vierbeiner steht wie eine Salzsäule am Wegesrand und schaut in die Ferne. Er schaut und schaut und schaut ... und steht  minutenlang da, als wäre er am Boden festgefroren. Hundert Meter weiter dreht sich ein Mann schließlich um und ruft entnervt: "Campino!" Es klingt wie "Menno, wo bleibst du denn wieder!"

Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen. Haben hier der  Frontmann der Toten Hosen oder die bunten Bonbons aus meiner Kindheit als Namensgeber Pate gestanden? Ja, Campino ist wirklich süß, so ein richtig knuffiger Knuddelhund, aber seine Körperhaltung und sein strenger Blick signalisieren: Er ist heute schon weit genug gelaufen ist, und dieser Mensch da hinten soll sich jetzt endlich wieder auf den Rückweg machen. Immer diese Warterei, und das bei dieser Kälte! Es ist schon ein Kreuz mit diesen Menschen. 

Wenn ich mit Hunden sprechen könnte, würde ich sie gerne fragen, welche Namen sie für ihre Besitzer haben. 😅

Siehe auch: Henry, Der versteht (hoffentlich nicht) alles, Mandarinen-Ente, Schnitzel, Wörtlich genommen, Da lachen ja die Hühner, Voll hochbegabt

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