Donnerstag, 12. März 2020

Im Wandel der Zeit



























Die Maikäfersiedlung im Münchner Stadtviertel Berg am Laim war für mich viele Jahrzehnte lang ein vertrauter Anblick. Ich hatte Freunde, die unweit dieser Siedlung wohnten oder wir besuchten den Samstagsflohmarkt auf dem nahegelegenen Parkplatz an der U-Bahn. Einmal im Jahr traf ich mich mit Ex-Kollegen im "Kleinen Brauhaus Dicker Mann" oder im Michaeligarten. Die Fassaden der kleinen Häuser entlang der Bad-Schachener-Straße begleiteten mich auf meinem Weg zu diesen Treffen. Schon damals strahlten diese Gebäude etwas anheimelnd Altmodisches aus. Ich habe mich immer gefragt, wie es da drinnen wohl aussehen mag, in diesen winzigen Häusern mit ihren winzigen Fenstern. Die hölzernen Fensterläden und die roten Satteldächer wirkten auf mich, als habe sich der Architekt beim Entwurf an einer Kinderzeichnung orientiert.

Während ich selbst ein gutes Jahr lang in Berg am Laim wohnte, erlebte ich mit, wie die ersten dieser ab 1936 errichteten Gebäude abgerissen und durch Neubauten ersetzt wurden. Dieser Umgestaltungsprozess dauert nun schon ein Jahrzehnt. Anders als in anderen Stadtvierteln verläuft die Stadterneuerung hier wie in Zeitlupe. Es gibt nicht diese eine klaffende Riesenmonsterlücke im Stadtbild wie beim Agfa- oder Paulaner-Gelände, dadurch fällt die Veränderung weniger auf. Während die Neubauten auf der einen Straßenseite schon seit Jahren selbstverständlich waren, standen direkt gegenüber immer noch die alten Häuser. Eines ist momentan noch bewohnt.

Als ich heute wieder einmal durch diese Straße radelte und den Bauzaun und die Graffitis an den Wänden sah, wusste ich, dass es höchste Zeit war, nochmal ein paar Fotos zu machen. 

Die Bewohner der Häuser sind natürlich nicht glücklich über den Abriss und die Erneuerung der Siedlung. Andererseits sind die Bausubstanz, die Wohnungsgröße und die Ausstattung schon längst nicht mehr "zeitgemäß". Vielen Mietern wäre das egal, vor allem denen, die schon seit Jahrzehnten hier zuhause waren. 
 
"Schön" war die Maikäfersiedlung von außen nie, aber sie war etwas Besonderes.
Wenn irgendwo ein Bauzaun steht, dauert es nicht mehr lange bis zum Abriss.

Dass es große Grünflächen zwischen den Gebäuden gab, ahnte man nicht,
wenn man vorne an der Hauptstraße an den kasernenartigen Fassaden vorbeifuhr. 
Hier entwickelte sich die Nachbarschaft von selbst, heute ist sie "institutionalisiert".
 
Unbewohnte Häuser ziehen Vandalismus und Graffitis an.
Im schicken München ist das ein eher temporärer Anblick .

Neubau in Etappen: Auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen vor zehn Jahren
auch jene kleinen Häuser - sie waren grün gestrichen.

Jede Ära bringt ihre eigenen architektonischen Stile mit sich. Und so verändert sich das Bild einer - jeder - Stadt im Lauf der Jahrzehnte kontinuierlich. Das Alte verschwindet, wenn es nicht gerade unter Denkmalschutz steht, und es entsteht eine immer wieder neue Mischung aus Baustilen und Design. Je älter wir werden, desto besser können wir diesen Wandel mit eigenen Augen miterleben. Was hilft alle Nostalgie und der Ruf nach der alten Heimat? Die Zeiten ändern sich... So schließt der Artikel der Süddeutschen Zeitung über die Maikäfersiedlung. Und irgendwie ist da etwas Wahres dran. Nichts ist beständiger als der Wandel. Fotos halten die Erinnerungen wach, die vier Motive, die ich hier im Blog hatte, waren eines Tages über Nacht verschwunden. Die Bildunterschriften habe ich stehen gelassen. Zur Erinnerung.

Siehe auch: Ofenfrisch, Tanz mit der Vergänglichkeit, Fotografisches Gedächtnis, Stadtmöblierung, Frauenplatz, Das Ende einer Ära hier im Blog, oder Willkommen auf der Baustelle in meinem Fotonanny-Blog.

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