Sonntag, 7. Dezember 2025

Atsvents 2, 2025

26 mm | 1/30 s | f2,2 | ISO 320 | Smartphone

#Leuchtkugel auf #Tastatur 😆
#Muttergeschichten  #Pflegeheim
#Advent2025

Meine Idee für die Adventsfotoserie ist leider gescheitert. Kreativ mag das heutige Motiv durchaus sein, ist aber trotzdem eine Themaverfehlung, weil es kein Licht- oder Lampendesign beinhaltet. Oder ist das eine Frage des "Interpretationsspielraums"? Immerhin schimmert und glänzt das Objekt in weihnachtlichen Farben. 😜 Das benachbarte Fußballstadion sah gestern aus wie ein überdimensionaler, ovaler Adventskranz mit vier leuchtenden Flutlichtkerzen, passte deshalb aber nicht zum erst zweiten Advent. 

Können Sie im Foto erkennen oder gerade noch ahnen, was ich fotografiert habe? 😎 Die Kugel war einmal ein Schoko-Nikolaus, genauer gesagt sind es dessen Überbleibsel: Alu-Müll. Den längst vertilgten SchokoLaus hatte ich bei meinem gestrigen Pflegeheim-Besuch vom Mitbewohner Willi geschenkt bekommen. Er hatte mir sogar die ganze Tüte zukommen lassen, die ihm der Weihnachtsmann am Freitag überreicht hatte. Die Tüte meiner Mutter bekam ich gleich mit dazu, allerdings ohne SchokoLaus. Ihren hatte sie entweder selbst verspeist oder auch gleich weiter verschenkt. 👵👴🎄🎅

Wie es denn so war, mit dem abendlichen Auftritt des Weihnachtsmanns, wollte ich wissen. Die Antwort meiner Mutter ging in ausführlichem Gelächter unter. Sie bekam kaum Luft: Zwei Engel hatten den "Kardinal ohne Hut", also den "weltlichen" Weihnachtsmanndarsteller begleitet. 👼🎅👼 Vor allem dessen glockenförmiger Umhang hatte das Interesse der Mutter geweckt, und darüber hinaus die äußerst eng anliegenden Kostüme der Engel. 😦

"Die sind fast aus allen Nähten geplatzt, aber es waren wirklich keine schlanken Engel", führte meine Mutter kichernd aus. "Die waren klein und dick, aber dünne Krischperl hätten das ganze Gepäck, das der Weihnachtsmann mitgebracht hatte, sowieso nicht schleppen können."
Dass Engel neuerdings als Lastenträger herhalten müssen, war für mich eine neue Erkenntnis. 😕 Hätte man den Rentierschlitten nicht mit dem großen Lastenaufzug in die vierte Etage fahren können? Barrierefrei ist das Haus, also wo ist das Problem? 😁
"Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, ob ich das Gesicht hinter dem weißen Bart kenne", fuhr meine Mutter fort. "Dieser Mann kam mir so bekannt vor, aber ich habe nicht herausgefunden, ob es jemand aus dem Haus war."
Diese Frage blieb offen, dafür erfuhr ich, dass die Station, auf der meine Mutter wohnt, die letzte war, die der Weihnachtsmann an diesem Tag aufgesucht hatte. Spät war es geworden, zwanzig Uhr, also eine Zeit, zu der viele Bewohner normalerweise schon ins Bett gehen.
"Drüben in der anderen Küche haben sie mit den Halbtoten Weihnachtslieder gesungen", erzählte die Mutter weiter, und freute sich, dass ihrer Gruppe (und vor allem ihr) das heilige Liedersingen erspart geblieben war. Wenn bei ihr Weihnachtsmusik läuft, dann eher von Frank Sinatra, Louis Armstrong oder Mahalia Jackson... 

Zum klassischen Nikolausritual gehört üblicherweise eine individuelle Ansprache, ob man sich während des Jahres artig oder aufmüpfig verhalten hat. Dieser Teil fehlte verdächtigerweise im Mutterbericht. An anderer Stelle hatte ich wiederum herausgehört, dass der Weihnachtsmann ein ausführliches Briefing zu den einzelnen Bewohnern bekommen haben musste. 😏
Wahrscheinlich hatte er meine Mutter ermutigt, häufiger bei Beschäftigungsangeboten mitzumachen, die sie todlangweilig findet und deshalb meidet. Verräterisch war ihr Satz "Wenn er noch was gesagt hätte, aber dann...!" Ich weiß nicht, ob meine Mutter dann den Nikolaus mit der Rute aus dem Raum gejagt oder auch diese Veranstaltung demonstrativ verlassen hätte? 😅 Weder das eine noch das andere war nötig, denn auch der Nikolaus will irgendwann Feierabend machen. Vorher musste er noch ein paar andere Bewohner zum Einzelgespräch in deren Zimmern aufsuchen, und das ist schon ein harter Job. 

Vor der finalen Bescherung stimmte er das Gedicht vom Knecht Ruprecht an: "Von draußen, vom Walde komm' ich her". Zum Erstaunen aller Anwesenden kannte meine Mutter diesen Text auswendig und rezitierte ihn laut mit, obwohl ihre Stimme momentan aufgrund einer Erkältung etwas angeschlagen ist.
"Also doch!", entfuhr es dem Weihnachtsmann, und meine Mutter hatte den ultimativen Beweis dafür erbracht, dass sie erstens kein Gedächtnistraining für Halbtote braucht, und zweitens auch mit 'christlichen Bräuchen' vertraut ist. 😅

Schließlich kam es zur Übergabe von kleinen Weihnachtstüten aus Ökopapier mit SchokoLaus, Weihnachtsapfel und einer Handvoll Nüsse. In den ganz, ganz alten Tagen waren genau das die Gaben, die man traditionell in der Weihnachtstüte  vorfand: "Apfel, Nuss und Mandelkern haben alle Kinder gern" Dieses Gedicht - es ist das oben erwähnte vom Knecht Ruprecht - stammt von Theodor Storm. Als er es vor rund zweihundert Jahren schrieb, herrschte nicht gerade eine Zeit des Überflusses. Äpfel und Nüsse waren rar, und es gab sie nur zu besonderen Anlässen, wie eben an Weihnachten. Legen Sie Ihren Kindern oder Enkeln anstelle des neuesten iPhones mal einen Sack Nüsse unter den Tannenbaum. So ein Weihnachten wird das Unvergesslichste aller Zeiten. 😬

Heutzutage sind wir alle ziemlich überfüttert, darum kann ich den theoretischen Ansatz im Pflegeheim schon nachvollziehen: Der Weihnachtsmann soll die traditionelle Weihnachtsstimmung verbreiten, die klassischen Gaben knüpfen an die Kindheitserinnerungen der Bewohner an, und vor allem will man möglichst wenige ungesunde Kalorien verteilen. Es geht mehr um die Geste als um den Inhalt der Tüte, wenngleich meine Mutter doch lieber (mehr) Schokolade, Kekse, Wein und Stollengebäck darin vorgefunden hätte.

Und so habe ich drei niedliche, kleine, rote Weihnachtsäpfel bekommen, die so blitzblank poliert sind, dass man zweimal hinschauen muss, um sie als echtes Obst zu identifizieren. Über die Nüsse werden sich meine Eichhörnchen nächste Woche definitiv freuen. Ich glaube kaum, dass irgendeiner der Heimbewohner die Nüsse aus der Gabentüte wirklich verspeist. Wie kriegt man vor allem diese ultraharten Walnussschalen auf? Mit einer leeren Weinflasche? 😂
Machen Sie sich noch die Mühe, Nüsse selbst zu knacken? Ja, das ist anstrengend und es dauert eine Weile, was zur Folge hat, dass man nicht so viele Nüsse isst. Die Tüte mit dem verzehrfertigen "Studentenfutter" ist bei uns immer ganz schnell leergefressen. Gesund ist das wohl, aber auch nicht kalorienfrei. 😉 

Als ich mit meinen vorweihnachtlichen Gaben vom Heimbesuch zurückkehrte, kämpfte mein Mann gerade mit unserem alten Macbook. Das will seit ein paar Tagen nicht mehr starten, wodurch unsere ausgeklügelte Musikbeschallung im heimischen Wohnzimmer ausgefallen ist. Das darf natürlich nicht sein. Es war bereits Mittag, mein Mann hatte noch nicht gefrühstückt, dafür aber stundenlang alles Mögliche und Unmögliche versucht, dem Mac nochmal Leben einzuhauchen. Hoch gestresst, genervt und komplett unterzuckert brauchte mein Mann also dringend schnell verfügbare Kohlenhydrate. Ich reichte ihm den SchokoLaus von Willi, und als ich gefühlt dreißig Sekunden später erneut die ComputerReparaturZentrale betrat, fand ich nur noch die schimmernde Alukugel auf dem Sofa vor... 😅 So schnell hat sich bei uns noch nie ein SchokoLaus in Luft aufgelöst. 

Wie war Ihr zweites Atsventswochenende? War der Nikolaus auch bei Ihnen, und: welches Weihnachtsgedicht können Sie auswendig? Ich gebe offen zu: Ohne die Hilfe des Internets könnte ich nicht ein einziges vortragen. 

Siehe auch: Atsvents 2 - 2024, 2023, 2022, 2021, Weiße Weihnacht?, WeihnachtsfrisurSchau mir in die Augen, Improvisationsadvent, #Muttergeschichten

Vor zwei Jahren gab es den Eisplattenreport 12/23 

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