Samstag, 25. August 2018

Alles digital oder was?

Ohne dass wir uns darüber bewusst sind, haben wir den Übergang ins "digitale Zeitalter" vollzogen. Die Menschheit befindet sich in einer Phase ihrer Geschichte, die etwa genau so bedeutend ist, wie die Ära der Schriftentwicklung. Zwischen zehn Whatsapp-Nachrichten geht der Blick fürs große Ganze schnell verloren. Vielleicht ist es Ihnen schon passiert, dass Ihr Computer abgestürzt oder Ihr Handy kaputtgegangen ist? Wenn unsere Geräte ihr Gedächtnis verlieren, was passiert dann mit uns?


Terminkalender, Kontaktlisten, Navi - das sind ausgesprochen nützliche Dinge. Schon vor zehn Jahren gab es warnende Stimmen, dass das Navigationsgerät im Auto unseren Orientierungssinn beeinträchtigen könnte. Jetzt reden wir nicht mehr darüber, ob selbstfahrende Autos wirklich kommen werden, die Frage lautet eher wann sie uns zur Verfügung stehen. Auch wenn wir schon eine Art Quantensprung hinter uns haben stehen wir gerade erst am Anfang einer ganz neuen Phase.

Die bisherige Entwicklung der Technologie war so rasant, dass Menschen, die nicht online sind, keine E-Mail oder Handy benutzen, in einer Art Parallelgesellschaft leben. Selbst Senioren benutzen Computer, Smartphones oder Tablets, um weiterhin am Leben teilnehmen zu können. Ja, diese Geräte und Anwendungen sind unglaublich bequem. Sie haben uns so viele Möglichkeiten geöffnet, von denen wir früher nicht einmal zu träumen gewagt hätten! Der Preis für dieses Leben ist eine mehr oder weniger große Abhängigkeit.

Es gibt kein Zurück

Weil wir in einer viel kürzeren Zeit mehr Informationen verarbeiten können, ist unser Leben zunehmend komplexer, anstrengender und stressiger geworden. Viele Leute befinden sich in einem permanenten Alarmzustand, weil jedes Bimmeln aus einem der smarten Geräte signalisiert, dass man sich jetzt doch bitte sofort darum zu kümmern habe. Noch größer ist der Stress, wenn eines der Geräte ausfällt oder abhanden kommt, oder wenn es keinen Internetzugang gibt. Wir fühlen uns sofort von der Welt abgeschnitten und können nicht mehr so agieren wie wir wollen. In gewisser Weise sind wir alle Junkies.

Eine andere, eher schleichende Gefahr sind die Daten, auf die wir zur Organisation unseres Alltags zurückgreifen. Sie befinden sich auf elektronischen Speichermedien. Wichtige Dokumente - Bankauszüge, Rechnungen - und private Aufzeichnungen - Fotos, Dokumente - landen auf dem Computer. Wir halten diese gespeicherten Medien für "sicher", aber das ist eine Illusion. Dabei denke ich ausnahmsweise nicht an die Möglichkeit der Rundumüberwachung, die unser digitaler Lebensstil unweigerlich mit sich bringt, sondern an viel banalere Dinge.

Gross ist die Ratlosigkeit, wenn ein Datenträger von 1989 nicht mehr gelesen werden kann. 1989 - das ist bald dreißig Jahre her! Wen interessieren so alte Daten? Wer zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre jung ist, denkt noch nicht so weit und verlässt sich eher auf die vielgepriesene Cloud, in der alles angeblich sicher aufbewahrt wird. Wenn es aber die Anwendung nicht mehr gibt, mit der man seine Daten erzeugt hat, nutzt die gespeicherte Datei herzlich wenig. Sie lässt sich nicht mehr öffnen oder bestenfalls mühsam in ein aktuelles Format umwandeln. Aus solchen Fehlern der Pionierzeit müssen wir für die Zukunft lernen. Was wird aus einer Facebook-Timeline mit all den Kontakten und Erinnerungen, wenn Facebook eines Tages nicht mehr existiert? Unvorstellbar? Nichts ist unmöglich.

Halten Sie Ihr Hirn auf Trab
Ob Cloud oder Festplatte: Je mehr wir uns auf gespeicherte Daten verlassen desto träger wird unser Gehirn. Natürlich brauchen wir die Computer und Backups, aber wir brauchen auch eine langfristige Strategie, wie wir unser analoges und digitales Leben in Balance halten können.

Mit den folgenden Denkfragen können Sie testen, wie viel Ihrer Autonomie Sie an Maschinen abgegeben haben.

•    Wie viele / welche Telefonnummern kennen Sie auswendig?
•    An welche Geburtstage oder wichtigen persönlichen Termine müssen Sie sich nicht erinnern lassen?
•    Welche privaten und geschäftlichen Termine der nächsten vierzehn Tage haben Sie im Kopf?
•    Haben Sie einen Notfallplan, falls Ihre elektronischen Helfer ausfallen?
•    Wann haben Sie Ihre Daten zuletzt gesichert?
•    Wie oft gönnen Sie sich den Luxus voll analog und nicht erreichbar zu sein?

Seien Sie achtsam - vor allem im Umgang mit dem, was so völlig normal und alltäglich erscheint.
Lebenskunst bedeutet unter anderem von möglichst wenig Dingen abhängig zu sein. Der immer noch genialste Computer der Welt ist mobil, jederzeit verfügbar und wird mit Sauerstoff und Glukose betrieben: unser Gehirn. Gönnen Sie ihm einen Spaziergang an der frischen Luft und einen leckeren Happen Obst. Schalten Sie Ihr Smartphone dabei fünfzehn Minuten lang in den Flugzeugmodus. 

Viel Spass beim Gehirnjogging!
 

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