Donnerstag, 21. März 2024

Appsala

300 mm | 1/200 s | f7,1 | ISO 100 | Canon EOS 7D

#Ziffernblatt  #AstronomischeUhr
Bei dieser Uhr kann man wirklich sagen "Sie geht nach dem Mond"

"Was machst du eigentlich den ganzen Tag?", ist eine Frage, die ich mir selber ziemlich oft stelle. Heute schaue ich auf die Uhr und denke: Ey, wo ist die Zeit schon wieder hin?!

Das Mutternproblem beschäftigt mich immer noch, wir brauchen einen neuen Aquatec. Hinter der Hilfsmittelbeschaffung wird gerade der allenthalben beklagte Personal- und Fachkräftemangel deutlich, Bürokratie und digitale Mätzchen erledigen den Rest. Um ihr Personal zu entlasten, haben viele Firmen, Behörden und Dienstleister auf digitale Schnittstellen gesetzt. Das ist einerseits gut, andererseits... 

"Um Wartezeiten zu vermeiden, nutzen Sie unser Internetportal"
Das heißt im Klartext: machen Sie am besten die Hälfte der Arbeit selber. Auch das kostet Zeit, aber das merkt man nicht so, weil man ja beschäftigt und abgelenkt ist. Meistens wird man nicht nur zeitlich, sondern auch geistig beansprucht. Die Bankinstitute haben vorgemacht, wie man die Arbeit an die Kunden outsourct. Das spart vor allem Personalkosten, und wir wundern uns, warum der Tag so schnell vergeht, während wir die Arbeit von anderen erledigen.

Bei unserem Aldi ist oft nur noch eine klassische Kasse geöffnet, die sieben Selbstbedienungs-Terminals waren heute mangels Alternative im Hochbetrieb. Der Kunde lernt schnell. Vielleicht helfen wir demnächst auch beim Nachfüllen der Regale mit?
Wenn ich diesen "Selbst-Service" nutze, brauche ich fast immer einen Mitarbeiter, der mir das Terminal für meine Ü18 Produkte freischaltet, oder selber nicht weiß, wie das komische Gemüse heißt, das ich im Exoten-Fach entdeckt habe. Produkte selber einscannen ist okay für Leute, die fünf Standardprodukte kaufen, aber nichts für vollgeladene XXL-Einkaufswägen, wo man das Obst und Gemüse auch noch wiegen und korrekt klassifizieren muss. Aber ja: das lernt man alles im Lauf der Zeit, und es ist ja auch gut für die Allgemeinbildung, wenn man Sellerie von Steckrüben und Kohlrabi unterscheiden kann. 😁

Grüße aus dem digitalen Dschungel
Wer digital nicht voll auf der Höhe ist, oder im hohen Alter den Überblick verliert, hat die Arschkarte. Auch ohne Pflegestufe wäre meine Mutter in der Welt da draußen, die sie seit 2016 nicht mehr betreten hat, völlig überfordert und verloren. Sie ist vor dem Internetzeitalter in Rente gegangen, war nie besonders technikaffin, und selbst die Fernbedienung fürs TV-Gerät ist für sie das sprichwörtliche Buch mit sieben Siegeln. Einmal eine falsche Taste gedrückt, und sie kennt sich nicht mehr aus. Da machste dann alles online, gell?

Mittlerweile verbringe ich sehr viel Zeit damit, mich für eigene oder Anliegen meiner Mutter durch Internetseiten zu klicken, die FAQs zu lesen, und Online-Fragebogen auszufüllen: Wer ist mein Ansprechpartner, welche Dokumente muss ich einreichen, wo bekomme ich die her, wie bekomme ich sie in digitaler Form, vor allem aber: Wie lange dauert es, bis sich jemand um meine Anfrage gekümmert hat? Der Autoresponder verspicht: "Wir kümmern uns schnellstmöglich um Ihr Anliegen". Wie schnell schnellstmöglich ist, muss man dann sehen, und "von Rückfragen bitten wir abzusehen". Das macht man sowieso, weil man wieder aus der Telefonwarteschleife fliegt, und weder auf E-Mails noch auf Anrufbeantwortern hinterlassene Nachrichten eine Antwort bekommt. Über Whatsapp vielleicht? Schon mal gehört, dass das ein Dienst von Meta ist? Nein, Facebook würde ich nie benutzen! So geil. 😂 Der Chat von Pflegedienst-Mitarbeitern ist bei Meta sicher gut aufgehoben.

"Alte Leute haben ja Zeit, die kann man warten lassen."
Gut, dass es die vielen lieben Söhne und Töchter, Enkelinnen und Enkel, Freunde oder Nachbarn gibt, die alte Menschen geduldig durch den digitalen Dschungel lotsen. Danke an dieser Stelle, und Hut ab, denn das ist keine leichte Aufgabe. Eine App mit 'ik' wäre optimal für uns. 😅
Angelegenheiten telefonisch regeln ist kaum noch eine Option, man kommt fast nirgends durch, hängt in Warteschleifen, und soll stattdessen online darlegen, was man will. Ja klar, speichert meine Daten, damit es das nächste Mal drei Sekunden schneller geht.
"Wir schicken keine Bestätigung, schauen Sie selber in der App nach, ob Ihr gewünschtes Rezept ausgestellt wurde, dann können Sie es abholen, aber besser nicht in der ersten Stunde nach Praxiseröffnung und auch nicht am Montagvormittag." Ja fein, ich setze das Häkchen, dass ich das verstanden habe, sonst komme ich nicht auf die nächste Seite und kann das Formular nicht abschicken.
Ich richte meinen Tagesablauf nach euch, schließlich bestelle ich Rezepte zwei Tage im Voraus, nur so aus Spaß, um dann an eurem Tresen einen elektronischem Summer zu bekommen, den ich dann zehn Minuten lang anstarre?! 
Nein, ich habe noch keinen Sechs-Zeichen-Code von der Arztpraxis erhalten, um zu erfahren, ob mein Anliegen bearbeitet wurde. Soll ich das nochmal auf einer Verifizierungs-App mit Biometrie-Abfrage machen? Wie waren gleich noch die Krankenkassen-Mitgliedsnummer und das Passwort fürs Login? Oh, Zeitüberschreitung bei der Eingabe. Alles nochmal von vorne, aber bitte etwas schneller.

In der modernen Arztpraxis bekommt jeder neue Patient erst mal ein elektronisches Pad in die Hand gedrückt, um den Aufnahmefragebogen auszufüllen. Der Patient latscht dann zurück an den Tresen, weil er das Pad nicht bedienen kann, und füllt den Fragebogen im Dialog mit der Sprechstundenhilfe aus, so dass Diskretion mit Abstand nicht zu gewährleisten ist. Der gute erste Eindruck von Modernität, und dass man Abläufe im Griff hat, verfliegt spätestens dann, wenn man keinen Rückruf erhält und Fragen wochenlang unbeantwortet bleiben. Ist halt hinten über die digitale Schreibtischkante gefallen, aber: Wir bitten von Rückfragen abzusehen. Informieren Sie sich eben im Internet. Ja: Ich brauche ein Rezept, also alles nochmal von vorne.

Rühmliche Ausnahme!
Die Krankenkasse hat mich heute zum wiederholen Mal davon überzeugt, dass es auch anders geht: Den richtigen Ansprechpartner habe ich telefonisch erfragt, eine Mail geschrieben, zwei Minuten später kam der Rückruf. Die Frage war jenseits der App in weniger als drei Minuten geklärt. Das ist Service, und der Laden heißt SBK. Prädikat hoch zufrieden, und an die Hochsicherheits-App habe ich mich inzwischen auch gewöhnt. Der unerwartete Fehler, den sie mir im Dezember noch aufgetischt hatte, wurde offensichtlich behoben. 👍

Trotzdem brauche ich das verf*****e Rezept von der Arztpraxis. Ich bin also sehr gespannt, wann ich den Sechs-Zeichen-Code erhalte.

Siehe auch: Mutternproblem, Es wird eng, Ein unerwarteter Fehler, Diskretion, Kundenorientierung oder: Wenn Blicke töten könntenTreppen/Haus, Briefankündigung, Glitch beim Check-In, Das Internetz hilft auch nicht immer, 4711: ChatGPT im Mutterhome, Alles blinkt und blökt, Homeoffice-Lüge, Alles digital, oder was?

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