Montag, 18. Juli 2016

#webseidank


Nach fast einem Jahr Sendepause ist die Blogparade von unserleben.digital ein wunderbarer Anlass, mal wieder etwas hier zu posten.

Die Seite betrachtenswert.de war mein großes nichtkommerzielles Internet-Herzensprojekt, das in den letzten Jahren unter die Räder gekommen ist.

Bei der Frage "Was hat mir das Web (menschlich) Gutes getan?" sind sofort viele Erinnerungen hochgekommen.


Als erstes fiel mir ein, dass ich in den späten 90er Jahren auf unglaublich viele tolle Internetseiten gestoßen bin, die mir geholfen haben, mich persönlich weiter zu entwickeln. Ganz vorneweg war das die Seite zeitzuleben.de, die ich bis heute sehr schätze.

Aus diesem Umfeld heraus bin ich über Foren und Diskussionsgruppen auf viele Menschen mit ähnlichen Interessen gestoßen: Persönlichkeitsentwicklung, Psychologie, Fotografie. Aus einigen online Begegnungen wurden reale Treffen, es entwickelten sich echte Freundschaften, die bis heute fortbestehen. Motiviert durch andere "Web-Amateure" haben wir noch vor der Jahrtausendwende angefangen eigene Gruppen aufzubauen und eigene Seiten ins Netz zu stellen - ohne kommerzielle Hintergedanken. Dabei haben wir unglaublich viel gelernt, jeder für sich und wir von einander. Das Umfeld habe ich immer als unterstützend, fördernd und hilfsbereit empfunden. Schließlich hat mir das Web dann auch ermöglicht, beruflich neue Wege einzuschlagen.

Über die sogenannten "sozialen Medien", insbesondere Facebook, hatte ich neulich in meinem fotonanny-Blog schon einmal geschrieben. Das Web hat die Welt kleiner werden lassen: Nachrichtenübermittlung beinahe in Echtzeit per Mail oder Skype erlaubt es mir, mit Freunden am anderen Ende der Welt in einer engeren Verbindung zu sein, als per Luftpostbrief.

Was ich wirklich toll finde: Man findet auf fast jede Frage eine Antwort - oder zumindest fünfundzwanzig verschiedene Meinungen. So habe ich gelernt, Forums-Threads eher zu meiden, weil die Diskussionen allzu oft abgleiten und im Sande verlaufen. Das direkte (Internet)Gespräch von Mensch zu Mensch erlebe ich meist zielführender als eine Gruppendiskussion, zumindest wenn es um Fotografie geht. Bei den Psychologen funktioniert es besser, die haben eher den Menschen im Blick 😏

Youtube liebe ich, weil ich dort Information und Zerstreuung finde: vom lustigen Katzenvideo bis zu Musik oder TV-Serien, die ich seit Jahrzehnten nicht mehr gehört oder gesehen hatte. Ich kann mir Dokumentationen und Vorträge anschauen, wenn ich Zeit und Lust dazu habe - oder stoße auf Dinge, die ich ohne das Web völlig verpasst hätte. Dass man nicht alles glauben darf, was im Brustton der Überzeugung vor Kameras erzählt wird, habe ich auch durch das Web gelernt. Heute übertrage das auch zurück auf die klassischen Medien und bin kritischer geworden.

Ich stamme aus einer Ära, in der es überhaupt kein Internet gab. Darum weiß ich, dass ein Leben ohne Web prinzipiell möglich ist. In meiner Freizeit muss ich nicht ständig online sein. Ich weiß aber auch, dass man heute "ohne Web" ein ziemlich eingeschränktes Leben führt. Zwei Wochen ohne Internetzugang zum Abschalten - das geht, aber wehe man öffnet danach seinen Posteingang! Die Erwartungshaltung, dass jeder jederzeit erreichbar sein sollte, ist einer der negativen Nebeneffekte des Internet (und Mobiltelefon)Zeitalters.

Meine Generation ist vermutlich diejenige, die die Vor- und Nachteile beider Welten bestens kennt. Für mich ist das Web eine Offenbarung, aber keine Selbstverständlichkeit. Bei aller Begeisterung sehe ich die negativen Entwicklungen: Informationsflut und Beschleunigung, fortschreitende Kommerzialisierung, ständige Überwachung, extreme Technikabhängigkeit und Onlinesucht. Das sollten wir immer im Auge behalten, wenn wir uns in dieser "schönen neuen Welt" bewegen. Unter'm Strich möchte ich mich aber den Worten von Annette unbedingt anschließen:

Meiner Erfahrung nach bekommt man das zurück, was man selbst gibt. Genau wie offline auch. Und je mehr das Digitale Einzug in die ehemalige Offlinewelt hält, umso mehr kommt es auch darauf an, wie wir es nutzen. Oder wie Johannes von jazzblog 2015 sagte: „Das Netz ist ein guter Ort, wenn wir es dazu machen!“ 

Nachtrag 2022: Die Seite jazzblog ist mittlerweile aus dem Netz verschwunden, und der Link von "unserlebendigital", der zu dieser Blogparade aufgerufen hatte, führt auf eine Schmuddelseite. Ja so geht's. Ich bin noch da, alle anderen sind auf Instagram oder sonstwo. Schön, dass Sie hier sind, und danke für's Lesen. Wenn Sie Zeit haben, hinterlassen Sie einen Kommentar, oder schauen Sie sich weiter auf meinem digitalen Flohmarkt um. 😊

Siehe auch: Pass auf, was du denkst!, Digitale Revolution: Erlebnisse aus dem Alltag, Randnotizen der Digitalisierung, Finden Sie den Oktopus!, Workaround, Paradigmenwechsel: UFO wird zu UAP, Grüße aus Digitalien

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1 Kommentar:

Annette hat gesagt…

Vielen Dank für diesen Beitrag, den wir gern weitersagen. :-)