Seit ich meine Mutter zuhause pflege, gehe ich morgens ein- bis zweimal wöchentlich in eine kleine Bäckerei und kaufe dort ein Stück Kuchen oder ein Butterhörnchen für den Nachmittagskaffee. Als ich gestern das gleiche tat wie immer, fragte mich die Verkäuferin, ob ich eine Holzgabel zum Kuchen wolle. Ich machte ein verdutztes Gesicht, aber die Mimik sieht man seit Einführung der Maskenpflicht nicht mehr so deutlich. Eigentlich bin ich Stammkundin in dieser Bäckerei, und habe noch nie nach einer Gabel gefragt, aber sei's drum. Wahrscheinlich sind diese Utensilien neu im Repertoire, und wollen an die Kundschaft gebracht werden.
"Nein", antwortete ich, "wir essen unseren Kuchen zuhause, mit richtigen Kuchengabeln, und Tellern aus Porzellan. ToGo geht gar nicht. Wir sind Genießer und nehmen uns Zeit zum Essen. Ganz altmodisch."
"Ja", seufzte die Verkäuferin nachdenklich, "das ist eigentlich auch besser so."
Durch dieses kleine, unerwartete
Gespräch wurde mir wieder einmal bewusst, dass die meisten Leute ihre
Snacks direkt aus der Tüte, im Gehen und Stehen futtern. Genau wie den
Kaffee, den sie in sich hineinschütten, während sie an der roten Ampel
ihre Nachrichten auf dem Handy checken. Multitasking, mit den Gedanken
in fernen Gefilden unterwegs, während die Nahrung in den Magen rutscht,
und wahrscheinlich nicht mal satt macht. In Ruhe und bewusst genossen wird der Süßkram zwar nicht gesünder, aber er wirkt nachhaltiger auf die Lebensfreude.
Ich habe deshalb auch gar nicht nachgefragt, um welche Art von Holzgabel es sich handelt. Hoffentlich nicht dieses Zeugs aus Pseudo-Bambus...
Siehe auch: Neulich in Babylon, Laubhaufen ToGo, Bücher ToGo, Kaloriensparkalkulation, Trike, Backwaren ToGo Automat
2 Kommentare:
Bekenne mich viel zu oft nebenbei oder auf dem Weg effizient Kohlenhydrate oder H2O-Abwandlungen in mich zu kippen. Das gemeinsame Mahl verkommt zum Smartphone-getippte mit gleichzeitiger Nahrungsaufnahme. Während der Telco wird ein Jogurt oder ein Apfel vernichtet.
Genuß mit Zeit kommt (leider) zu kurz.
Lieber Oli,
ich kann's mir richtig bildlich vorstellen. Sieht "man" ja auch oft genug, wenn man nicht selber ins Handy schaut. ;-)
LG,
Jacqueline
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