Samstag, 22. März 2025

Konfettimedizin

27 mm | 1/500 s | f1,6 | ISO 160 | Smartphone

 #Piccolo  #Hausmarke
#Muttergeschichten #Pflegeheim

Staubtrocken war die warme Frühlingsluft gestern (schon wieder), und die Sonne im späteren Tagesverlauf sichtlich "eingetrübt". Nach einem intensiv staubigen Vormittag zwischen Umzugskartons und Werkzeugkasten hatte ich einen höllischen Durst. Das Stichwort Saharastaub fiel, als wir nachmittags auf der Terrasse der Cafeteria "zwei Piccolo aus drei Gläsern" zu uns nahmen. 😋

Meine Mutter hatte immer noch bunte Lichterscheinungen, für nächste Woche ist eine Augenärztin bestellt. Ich hatte mir deshalb wohl überlegt, ob ein Glas Sekt der Mutter in ihrem Zustand wirklich gut tut, und wartete erst einmal ab, welchen Eindruck sie auf mich machte. Mein Mitbringsel des Tages war eine Blechdose, nach der sie mich mehrmals explizit gefragt hatte.

Im mittlerweile weitgehend in Kisten verpackten Mutterfundus hatte ich dieses gute Stück tatsächlich gefunden. Es handelt sich um ein Geschenk ihres langjährigen Hausarztes, den sie vor ihrem Schlaganfall schon viele Jahre lang nicht mehr aufgesucht hatte: Praxisaufgabe ohne Nachfolger in den gleichen Räumlichkeiten. 😞 Aber die schmucke Blechdose, die ihr der Doktor damals geschenkt hatte, wollte sie unbedingt bei sich haben. 💝

Die Freude war also groß, als ich das Teil aus meinem Rucksack holte, und meine Mutter hatte auch schon einen ganz konkreten Plan, was in diese Dose hineinkommen sollte: all die kleinen Haarklammern und Kämmchen, die die Mutterfrisur tagtäglich in Form halten. In so einer Dose gehen diese kleinen Objekte nicht so leicht verloren, alles ist ordentlich beieinander. Meine Mutter sortierte ihre Utensilien sofort hinein, nur um Sekunden später festzustellen: "Die bewegen sich!" 😱

Die Innenseite dieser Dose ist goldfarben und spiegelt, und die kleinen Haarklammern bewegen sich natürlich, sobald man die Dose bewegt. Das war jedoch nicht, was meine Mutter meinte, als sie entsetzt jammerte: "Die sehen aus wie lebendige Würmer!" 😱😱
Da macht man den Deckel der Dose am besten zu, dachte ich, und fragte in den Raum, ob wir zu dritt auf einen Prosecco gehen wollen. Das letzte Mal hatten die beiden Damen "einen Prosecco mit zwei Gläsern" genommen, diesmal konnte auch ich einen Absacker brauchen. Der Saharastaub... und nicht nur der. 😉

Es war definitiv warm genug, um draußen zu sitzen, für die Mutter gab es eine extra Strickjacke. Sie friert leider immer, egal ob drinnen oder draußen. 😞 Während ich die interessanten abstrakten Linienerscheinungen und Spiegelungen in meinem Proseccoglas fasziniert betrachtete, lauschte ich den Erzählungen und Gesprächen, die meine Mutter und ihre Mitbewohnerin miteinander führten.

27 mm | 1/250 s | f2,2 | ISO 50 | Smartphone

Das wiederholte und vehement vorgetragene "Ich habe immer recht!" meiner Mutter trugen nicht unbedingt zu einem harmonischen Gesprächsverlauf bei. Um mich tiefer auf die zugrundeliegenden Details einzulassen, und das Gespräch mit psychologischem Feingefühl zu moderieren fehlte mir definitiv die Energie, denn ich muss auch am Wochenende nochmal ins Mutterhome und weiter räumen...
Eine andere Heimbewohnerin, die sich ebenfalls in die Sonne gesetzt hatte, erfuhr alsbald, dass "bei uns (also bei den beiden Damen auf deren Station) die Hölle los ist". Die Dame konterte sehr geschickt, indem sie meinte, das wäre überall im Haus so. Und in der Hölle sei es wenigstens schön warm. 😉

Als die Nachmittagssonne schließlich komplett im Saharastaub versank, wurde es merklich kühler. Der Piccolo war ausgetrunken, und ich fragte meine Mutter, ob sie immer noch buntes Konfetti sieht. Nein! Offensichtlich hat die Hausmarke in diesem Fall als Antikonfettimedizin ihre Wirkung entfaltet. Hoffentlich hält der Effekt eine Weile an. 😅 Wenn das Getränk dann auch noch den Diskussionsverlauf positiv beeinflussen könnte...

Siehe auch: Dramaturgisch notwendig, Hausmittel, Halluzinogen, Wolkenkuckucksheim, Eisiger Blick, #Spiegelungen, #Saharastaub

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