Mittwoch, 5. März 2025

Zurückhaltung

27 mm | 1/3000 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone

#Frühblüher  #Krokus  #Frühling2025
#Muttergeschichten  #Pflegeheim

Von Zurückhaltung kann man wahrlich nicht sprechen, wenn es um die flächendeckende Blütenexplosion auf den Wiesen geht. Das ist ein nahezu infernalisches Aufblühen, an manchen Stellen ein fast schon invasiver Blütenteppich. Morgens stehen sie noch geschlossen in Reih und Glied auf dem frostigen Boden, in der warmen Mittags- und Frühnachmittagssonne entfalten sie ihre ganze Pracht. Wenn die Krokusse auch in Gelb und Weiß zwischen den violetten Exemplaren stehen, fühlt es sich farblich total an wie Ostern. 😊

Ich habe mich gestern auch nicht zurückgehalten und ziemlich viel fotografiert. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen - Sie kennen diesen Spruch. Das ist das alte Mutter-Mantra, es bestimmt auch heute noch weite Teile meines Lebens. Ist das ein guter Glaubenssatz, oder kann der weg? 😏 

Meine Mutter hat dem Pflegepersonal ihr Wort gegeben, dass sie sich jetzt mit ihrer Kritik zurückhalten wird, so begann ihr gestriger Bericht. Auch mir gegenüber war sie damit zurückhaltender, jedenfalls ein bisschen.

Natürlich gab es neue 'Vorfälle', von denen sie mir erzählte, und ich muss jetzt entscheiden, welche davon relevant sind. Es ist nicht mein Job den Pflegekräften zu sagen, wie sie ihre Arbeit zu machen haben. Streiken wollen Pflegekräfte diese Woche anscheinend auch, es ist also nicht der günstigste Zeitpunkt, um individuelle Luxusprobleme vorzutragen. Echte Versäumnisse, die von der Mitbewohnerin bestätigt wurden, sind wiederum kein Luxusproblem, erfordern aber auch diplomatisches Geschick.

"Sie lachen ja gar nicht mehr", zitierte meine Mutter die Äußerung einer Pflegerin, der aufgefallen war, dass die Stimmung im Mutterkosmos gerade in eine andere Richtung gekippt ist. So gut wie sie erzählen und andere Leute unterhalten kann, kann meine Mutter auch absichtlich schweigen. Mein moderater Bericht über den Stand der Renovierungsaktivitäten in ihrem ehemaligen Zuhause trug auch nicht zur Erheiterung bei. Dennoch reagierte meine Mutter ganz nüchtern, und bezeichnete die aktuelle Phase als eine neue Ära: "Eine neue Zeitrechnung hat begonnen", waren ihre Worte. Damit hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen, so wie das schwere Bettgestell vorgestern meinen Zeh. 😅

Als ich aufbrach, ließ sie es sich nicht nehmen, mich zum Aufzug zu begleiten. Ihren Rollstuhl steuerte sie selbst dorthin, ließ sich auf Rückfrage aber doch ein paar Meter von mir schieben. Der Weg zu diesem zweiten Aufzug ist erheblich länger als der, den ich normalerweise nehme. An den Wänden der Station hängen Bilder, die in der "Malgruppe" entstehen: Temperagemälde und Aquarelle, die wirklich schön, und mitunter wahrlich kunstvoll sind. Das ist auch meiner Mutter nicht entgangen, sie fand unterwegs sogar lobende Worte für das eine oder andere Motiv. Für eine Teilnahme an so einer "Malgruppe", die ich flugs als "Künstlergruppe" bezeichnete, sieht sie sich selbst nicht. Sie kann ja nicht mehr schreiben, also auch nicht malen? Lange vor der Zeit als ich auf der Bildfläche erschien, hatte sie tatsächlich eine Zeitlang gemalt, aber die Arbeit...

Ihre gestrige Aufzugbegleitung hatte in erster Linie zum Ziel, an einem großen Monitor zu stoppen, auf dem die Fotos und Namen aller auf der Station Beschäftigten zu sehen sind. Meine Mutter zeigte mir, welche Pflegekraft sie auf dem Kiecker hat, nur damit ich Bescheid weiß. Danach rollte sie halbwegs zufrieden zurück zum Abendessen in den Speisesaal.
Für mich wird es nun höchste Zeit, den Rollator bei ihr abzuliefern. Damit kann sie sich beim Aufstehen aus dem Bett abstützen, und ist - mit etwas Training - nicht mehr zwingend auf die Hilfe einer Pflegekraft angewiesen. Manche Kritikpunkte lassen sich durch Eigeninitiative, soweit möglich, am besten entschärfen. Ich hoffe jedenfalls, dass es bald wieder etwas zu lachen gibt.

An mütterliche Stimmungsschwankungen bin ich gewohnt, habe gelernt, mich innerlich so gut wie möglich davon zu distanzieren, und meinen Job als General "in Würde und Anstand" auszuüben. Ich glaube diese Formulierung stammt von meinen Großvater, der Zeit seines Lebens "Soldat" war. Als alter Mann konnte er dann endlich das tun, was er ursprünglich zu seinem Beruf machen wollte: Aquarelle und Ölgemälde malen. Zufälle gibt's? 😏

27 mm | 1/3600 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone

Und JA, ich gebe mir mit dem Smartie durchaus Mühe, 'ordentliche' Blümchenfotos hinzubekommen, sogar mit einem Hauch von diesem Bokeh. 😁

27 mm | 1/125 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone

Siehe auch: Unruhiger HintergrundErst die Arbeit, dann..., Die Natur macht ihr DingDer WahnsinnSonne, sechzehn Grad!, Er ist da!, Nachgerechnet: Schrittbilanz, Vorfrühling, Himmelsschlüssel?, Blauer Schneeglanz, #Blumen, #Blüten, Alles (k)ein Zufall?, Geheimnisvoll, Gut sitzen können, Schlüsseltag, Krokus Finale

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