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48 mm | 1/120 s | f1,6 | ISO 64 | Smartphone |
#Sitzgelegenheiten #Design
#Muttergeschichten #Pflegeheim #Krankenhaus
Wieder ein Geschenk am Straßenrand zum Mitnehmen... Stühle haben wir wahrlich genug, in beiden Haushalten, also keinen Bedarf an noch mehr. Ob dieses Modell bequem zu sitzen ist, habe ich gar nicht erst ausprobiert, aber das Design sieht interessant aus: 50er Jahre treffen auf nordisches Möbelhaus?
Meine Mutter braucht keine Designerstühle mehr, sie hat mittlerweile ihren eigenen Rolli, in dem sie sich sicher fühlt - außer wenn ihn jemand zu schnell schiebt. Geschrien hat sie gestern nur einmal, ganz kurz, aber nicht wegen mir. 😅
Der Krankenhaustermin hat ungefähr so lange gedauert, wie ich es vorausberechnet hatte: Fünf Stunden. Der Krankentransport morgens kam zwanzig Minuten früher als geplant 🕘, gerade als ich mir in der Stationsküche eine extra starke Tasse Kaffee gezapft hatte. Um das wertvolle Getränk nicht zu verschwenden, habe ich mir den Porzellanbecher kurzerhand ausgeliehen, ein improvisierter ToGo für die Fahrt. Dafür verspätete sich der Rücktransport um eine halbe Stunde. Porzellanbecher, Mutter und ich selbst sind nach dem Ausflug wohlbehalten ins Pflegeheim zurückgekehrt.
Dazwischen zählte mein Smartie etwa fünftausend Schritte bei der Wanderung durch das Klinikum. Es ist schon gut, hinreichend Zeit einzuplanen, um herauszufinden, wo sich die richtige Rezeption befindet, an der die Gesundheitskarte eingelesen werden kann. Wir waren nicht die einzigen, die suchend durch die Gänge irrten, trotz der eigentlich genialen roten, grünen und gelben (oder waren es die grünen?) Wegführungslinien. Ohne die wäre alles noch viel verwirrender gewesen. Der entscheidende Hinweis war "Folgen Sie der roten Linie bis zur hölzernen Wand, und danach scharf rechts." 😁👍
Er hatte bereits den Stift gezückt, um die Reha-Maßnahme für den sportlichen Wiederaufbau von Muskelmasse zu bestätigen, aber nein: "Ich will keine Reha!", erklärte meine Mutter unbeirrt.
Der junge Arzt hätte ihr Enkel sein können, dachte ich, während er merklich irritiert auf die medizinischen Unterlagen blickte. Er holte noch den Oberarzt hinzu, der auch nicht viel älter war, und die beiden versicherten meiner meiner Mutter glaubwürdig, dass mit ihrem Bein aus technischer Sicht alles okay sei. Wir müssen nicht mal zu weiteren Röntgenkontrollen erscheinen, erfuhr ich, und für mich ist das eine supergute Nachricht. ⏲
Warum keine Reha? Warum nicht wieder laufen lernen? Für die Ärzte war das völlig unverständlich.
"Mir wird schwindlig, wenn ich aufstehe", erklärte meine Mutter, und dass sie Angst hat, erneut zu stürzen. Im Rolli kann ihr das nicht passieren. Sitzen bedeutet für sie mehr Lebensqualität als ängstlich auf wackligen Beinen zu stehen, oder gar zu gehen. Dabei muss man auf nur einem Bein balancieren, während man das andere bewegt. Stehen und gehen sind Automatismen, über die man als gesunder Mensch überhaupt nicht nachdenken muss. 🏃
Haben Sie schon einmal versucht, mit einem komplett eingeschlafenen Bein aufzustehen oder zu gehen? Mir ist das einmal nach einer längeren Meditationsphase passiert: Mein rechtes Bein war taub und ich wäre der Länge nach hingefallen, wenn mir mein zweites Bein und mein Gleichgewichtssinn nicht in Sekundenbruchteilen aus der Patsche geholfen hätten. Darauf kann sich meine Mutter seit ihrem Schlaganfall nicht mehr verlassen.
"Schaust du bitte, ob meine Füße auf den Stützen stehen?", war der
Satz, der ihren Zustand für mich noch einmal verdeutlichte. Sie konnte nicht wahrnehmen, wo sich ihre Füße befanden. 😕 Entschuldigen Sie, wenn ich hier ein technisches Gleichnis anwende: Ihr Bein ist 'hardwareseitig' in Ordnung, da hat die orthopädische Chirurgie beste Arbeit geleistet, aber die Steuerungssoftware funktioniert (schon seit Jahren) nicht mehr. Das ist ein Fall für die Neurologie. Meine Mutter hat für dieses Dilemma eine für sie stimmige Lösung gefunden. ♿
"Sitzen kann ihre Mutter gut!", hatte der Stationspfleger vor einiger Zeit zu mir gesagt. Dieser Satz klingt lustig, war aber eine ernste, fachliche Aussage. Nachdem die Patientin wochenlang nur gelegen war, sind Sitzen und Rollstuhlfahren fantastische Fortschritte, und auch für die Pflegekräfte eine große Erleichterung.
Der Klinikarzt hat meiner Mutter nun als Reha-Ersatz extra viele Einheiten Physiotherapie und Krankengymnastik verordnet. Ihren speziellen Rollator behält sie ebenfalls, damit sie doch nochmal alleine aus dem Bett aufstehen kann. Dass der Rehadienstleister eine Pauschale von 200 Euro für den "Umzug" dieses Geräts verlangt, ist eine kleine Anekdote am Rande. Ich kann das sperrige Teil auch selber ins Heim bringen, und überlege gerade, ob ich den Transport im Bus zur Hauptverkehrszeit machen soll. Es wäre eine weitere Gelegenheit, meinen Erfahrungshorizont im Kontakt mit fremden Menschen zu erweitern. Letztes Mal passten die fünf Kinderwägen auch nicht gleichzeitig in den Bus...😅
Während wir in der Klinik knapp zwei Stunden 🕐 auf den Rücktransport warteten, parkte ich meine Mutter in ihrem Rolli an verschiedenen Stellen, mal mit Blick in den Klinikgarten, mal mit Blick auf die fortwährend vorbeiströmenden Menschen im Foyer. Sie hat ihre mobile Sitzgelegenheit nun stets dabei, und ich war mit einer neuen Herausforderung konfrontiert: Finde eine Sitzgelegenheit für dich selbst, bei der es gleichzeitig auch genug Platz für einen Rollstuhl daneben oder gegenüber gibt, ohne dass man anderen Leuten dauernd im Weg ist. Geometrie und Wahrscheinlichkeitsrechnung in praktischer Anwendung.
Das temporäre "Pop-Up Café" in der Klinik war viel zu klein und zu eng, darum ging mein Plan nicht auf, die Wartezeit dort zu überbrücken. Also haben wir improvisiert, das Croissant von Feinkost Käfer schmeckte auch in der Wartezone, und im Klinikgarten hinter der Glasscheibe hüpften zwei Eichhörnchen über die Wiese. Showtime. 😀
Bei schönerem Wetter hätte ich den Rücktransport vielleicht sausen lassen, und die Mutter zu Fuß zurück ins Heim geschoben. Dreieinhalb Kilometer Strecke, das ist nicht weit, die hatten wir an diesem Tag schon in der barrierefreien Klinik zurückgelegt. 💪 Öffentliche Straßen mit Bordsteinen und Kopfsteinpflasterzonen sind natürlich noch unbekanntes und ein kniffligeres Terrain, aber Sie wissen ja: Es geht um die Erfahrungshorizonterweiterung. 😉
Siehe auch: Ausruhen?, Jahrestag(e), Im Durchgang, In Therapie, Aussitzen, Platzwechsel, Erholungsraum, #Sitzgelegenheiten, Gemeinsamer Lebensraum, Behördengang, Dienstreise, Nachtruhe
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