27 mm | 1/380 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone |
#Sitzgelegenheiten #Sperrmüll #Thron
#Muttergeschichten #Pflegeheim
Mein Stresslevel ist weiterhin ziemlich hoch. Trotzdem bin ich gestern kurz stehengeblieben, um diese ungewöhnliche Outdoor-Wohnzimmerszene zu fotografieren. Im Sommer säße man hier schon ganz gut, und könnte, gut geschützt im stillen Eck, die rasenden Radler beobachten. Im Januar bei feucht-frostigen 0°C ist das eher nichts, da kriegt man zu den kalten Händen auch noch einen kalten Po. 😅
In Bewegung bleiben, lautet mein Motto. Trotz Öffi-Wochenkarte sammeln sich täglich über 8000 Schritte auf dem Smartie-Zähler. Gestern hatte ich verschlafen, was extrem selten vorkommt, dafür konnte ich letzte Nacht kaum schlafen. Mein Körper reagiert auf die vielen ungewohnten Wege, und die behördenschwangeren Postbriefkasteninhalte beschäftigen den Kopf, dann auch mal nachts um zwei.
Schlafmangel würde ich bei mir noch nicht diagnostizieren, bei meiner Mutter schon eher. Da kommt der Nachtdienst zwei- oder dreimal ins Zimmer und schaut nach, ob alles noch trocken ist. Wäsche wechseln nachts um drei will ja auch keiner.
Im Doppelzimmer, wo sie seit einer guten Woche untergebracht war, ist nicht besonders viel Platz. Ich habe mich beim Lesen des Heimvertrags gefragt, wo man in diesen Räumlichkeiten noch "eigene Möbel" stellen können soll, vor allem wenn beide Bewohnerinnen einen Rollstuhl fahren, und vielleicht auch noch ein Rollator dazwischen parkt.
Meine Mutter lag matt im Bett, mit geschlossenen Augen und einem Leidensgesicht wie der Arme Poet von Carl Spitzweg, nur ohne Bücher und ohne Regenschirm. Dafür setzt sie sich manchmal das graue Nackenhörnchen auf den Kopf, und dann sieht sie aus, als hätte sie einen Un-Heiligenschein. Allerdings muss ich zugeben, dass ihr diese Kopfbedeckung durchaus gut zu Gesichte steht. Ein bisschen Humor ist geblieben.
Vielleicht wollte ich meine Mutter für die Reha motivieren, vielleicht war es auch nur Neugierde: Ich habe mich gestern auch mal in den Rollstuhl gesetzt und bin auf engstem Raum probegefahren. Er war erstaunlich wendig, aber vermutlich war speziell dieses Teil kein klassisches Krankenkassenstandardmodell. Ein leicht gängiger Flitzer, der sich mit wenig Kraft bewegen lässt, und auf der Stelle 360° Wendungen mitmacht. Wenn man als gesunder Mensch in so einem Ding sitzt, ist es einfach; ebenerdig, ohne Steigungen oder Bordsteine sowieso. Auf einen Rollstuhl angewiesen zu sein, mit Schmerzen im Körper und ohne Kraft in den Armen ist eine ganz andere Nummer. Barrierefreiheit aus einer anderen Perspektive betrachtet. Das findet man überflüssig, wenn man's selber nicht braucht. Ich lerne viel in diesen anstrengenden Tagen.
Zwischendurch kam eine Pflegekraft vorbei, um Medikamente und eine Spritze zu verabreichen. "Du bist bequem, aber lustig", sagte sie zu meiner Mutter, und ich dachte nur: Gut beobachtet. Morgen organisiere ich für das Reha-Zimmer einen Fernseher, und hoffe, dass es dort einen, vielleicht sogar DEN Musikkanal gibt. Speziell die Wochenenden sind extrem langweilig. Wer lesen mag und elektronische Geräte bedienen kann, ist bei einem Krankenhausaufenthalt klar im Vorteil. Ich wiederum werde mich am Wochenende definitiv zuhause ausruhen.
Siehe auch: Himmelblaues Wunder, Wolkenwand, O'gmoit is!, Im Durchgang, In Therapie, Aussitzen, Platzwechsel, Erholungsraum, Die fantastischen Vier, #Sitzgelegenheiten, #Graffiti
Weiterführende Links
- Barrierefreiheit - Wikipedia
- Der arme Poet von Carl Spitzweg - Wikipedia
- Was Schlafmangel mit uns macht - Bild der Wissenschaft
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen