Freitag, 21. Februar 2025

Vermutlichkeiten

35 mm | 1/60 s | f1,6 | ISO 125 | Smartphone

 (kein) #Weltraumschrott

Die Meldung von vorgestern war ein gefundenes Fressen für mich: Raketenstufe verglüht spektakulär am Nachthimmel! 😎 Menschen in Nord- und Mitteldeutschland waren gleichermaßen fasziniert wie verunsichert, aber die vorbeiziehende Lichterkette war nur Weltraumschrott. Der ist überall und völlig ungefährlich, auch wenn er sich an der Erdatmosphäre entzündet 🔥 und verglüht 🎇.
"Zeitpunkt und Ort des Wiedereintritts seien vorher bekannt gewesen. Im Gegensatz zu Satelliten seien Raketenteile nicht steuerbar und ihre genaue Flugbahn entsprechend 'unkontrolliert' ", erklärte die Pressestelle der Bundeswehr auf Nachfrage, und: "Es gebe keine Erkenntnisse, dass Trümmerteile auf Deutschland fallen könnten. Vermutlich würden die Teile am Ende im Pazifik landen." (Tagesschau)

Vermutlich ist immer gut, weil unglaublich präzise. 😁 Aus Raketensicht ist der Pazifik gleich um die Ecke, und in dessen Tiefen enden auch die meisten Trümmerteile. Für eine Umkreisung der Erde braucht so ein Objekt nur anderthalb Stunden, wann und wo es genau abstürzt weiß man aber nicht ganz genau. Trotzdem muss man sich an der Nord- und Ostsee keine Gedanken machen, wenn's am Himmel glüht. Die Wahrscheinlichkeit vom Blitz 🗲 getroffen zu werden, ist höher, als ein verkohltes Raketenbauteil im Vorgarten zu finden. Andererseits wäre es ein spektakuläres Artefakt des 21. Jahrhunderts: Dem Elon ist wieder eines seiner Tech-Spielzeuge entglitten. Oder gehörte das Ereignis gar zum regulären Ablauf? 😕

Gerechterweise muss man hinzufügen, dass Musk nicht der einzige ist, der jenseits der Erdatmosphäre irgendwelches Zeugs herumkreisen lässt. Es sind nicht nur Raketen, sondern allein 13.000 bis 20.000 Satelliten. So genau weiß man das nicht, denn "es bestehen keine internationalen Absprachen, durch die dies gezählt oder geregelt würde." (Tagesschau)  Insgesamt befinden sich 39.000 menschengemachte Objekte im All. Jedes Jahr kommen 200 bis 300 Tonnen Material unkontrolliert auf die Erde zurück. (Holger Krag, s.u.)

Für Ordnungsfanatiker wie mich ist so ein Zustand ... wie ToGo-Müll am Straßenrand, nur etwas weiter oben, das ist der sogenannte "Müllgürtel" der Erde. Die zumeist kühlschrankgroßen Satelliten bewegen sich - auch beim Absturz - weit jenseits der maximalen Flughöhe irdischer Flugmaschinen. Im Zweifelsfall wird das Gewimmel am Himmel (vermutlich) entsprechend der unkontrollierten Flugbahnen ganz kontrolliert umgeleitet. 😕

Schade ist auf jeden Fall, dass sich die in den Trümmerteilen verbauten Edelmetalle und seltenen Erden dem professionellen Recycling entziehen.
Könnte der Elon nicht auch ein geniales Weltraum-Müllfahrzeug mit Zangengreifern entwerfen, und versierte Playstation-Spieler rekrutieren, die ab 2030 die digital ferngesteuerte Müllentsorgung im Orbit voranbringen? Ich sehe da schon ein gewisses berufliches Zukunftspotenzial im Tech-Sektor. 😁 Auf Erden gemütlich mit der Pizza vor dem Monitor sitzen, den Greifarm im Weltall KI-gestützt ausfahren, und Satelliten für den Rücktransport einsammeln. Ein Pfandsystem wäre prinzipiell auch denkbar. 😜

Holger Krag, Leiter des Space Debris Office der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) erklärt in einem Interview des rbb genauer, was beim Wiedereintritt von Schrott in die Erdatmosphäre vor sich geht: Aluminium verglüht, Titan und Edelstahl halten die Hitze eher aus, und die Erfahrung hat gezeigt, dass 20 bis 40 Prozent der ursprünglichen Masse eines Objekts am Boden ankommen. Nachgerechnet: Ein Kühlschrank hat zwar ein großes Volumen, aber keine ganz so große Masse. 😅 Bei Sturm fallen auch Blumentöpfe von Balkonen, und das ist deutlich gefährlicher. Auf die Frage, ob die beim Verglühen entstehende Metallasche eine ungünstige Auswirkung auf die Atmosphäre haben könnte, erklärt Holger Krag: "Es gibt mittlerweile viele Studien, die sich mit solchen Fragen beschäftigten. Aber noch keine endgültigen Antworten."

"Es sei nicht zu erwarten, dass alle paar Tage so ein Schauspiel am Himmel über Deutschland auftrete, denn meistens kämen die Raketenteile eben woanders runter", heißt es noch im Bericht der Regional-Tagesschau aus Brandenburg/Berlin. Auf jeden Fall ist es beruhigend, dass Trümmerteile meistens an Orten landen, wo keiner hinschaut. Außer vielleicht ein Fisch 🐟 oder Wal 🐳 im Südpazifik, der sich wundert, warum das Badewasser um ihn herum auf einmal so zischt und muggelig warm wird. 🐠 

Es ist doch gut, dass wir gerade vor einer Woche die Frage geklärt haben, ob die Menschheit für den Erstkontakt mit Aliens 👽 bereit wäre. Wir müssen erst mal unsere eigenen Satelliten zählen und unseren Orbit frei räumen, sonst finden uns die Außerirdischen gar nicht auf unserem Müllplaneten 🌍. Da fällt mir ein - was ist eigentlich aus Andi Scheuers Flugtaxi-Projekt geworden?!

Siehe auch: Licht- und Hirngespinster, Gewimmel am Himmel, Der Elon kann nix dafür!, Houston, wir haben eine Doppeldelle!, Mit dem Lastenfahrrad ins Weltall?, Vollmondpfosten, Wo ist das Wurmloch?, Mondlandung?, Wetterballon?, Flugtaxi, bitte!, Artefakt 2022-001, #Raumfahrt, #ToGo

Weiterführende Links

  • Raketenstufe verglüht spektakulär am Nachthimmel - Tagesschau regional
  • Lichtschweife über Norddeutschland - Raketenteile verglüht: NDR
  • Da sind vielleicht eine Handvoll Teile übrig geblieben - rbb Interview mit
  • Holger Krag - Esa  vom
  • Space Debris Office der Esa - Homepage

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