26 mm | 1/60 s | f2,2 | ISO 160 | Smartphone |
#Taubenfeder #monochrom
#Aktionstage #Muttergeschichten #Musiktherapie
Heute ist wieder Murmeltiertag. Hätten Sie daran gedacht? Wann hatten Sie zuletzt den subjektiven Eindruck, dass sich ein bestimmtes oder mehrere Ereignisse zu wiederholen scheinen? Bei mir war das am 3. Januar, als die Straße auf dem Weg zum Mutterhome fast genauso aussah, wie am 21. Januar 2021 (Vorsicht Glatteis!). Ich weiß das so genau, weil ich die Szene beide Male fotografiert habe, nicht ohne festzustellen, dass es kleine Unterschiede gab, und auf die kommt es an.
Im Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" erkennt der Protagonist, dass er in einer Zeitschleife gefangen und gezwungen ist, mit der verhassten Situation klarzukommen, in die er sich zuvor begeben hatte. Um sich daraus zu befreien, unternimmt er viel, aber nichts scheint zu funktionieren. Er stellt nur fest, dass sich im Verlauf dieses, sich endlos wiederholenden Tages, manche Details verändern, bis er am Ende 'alles richtig macht', und die Zeitschleife dadurch beendet.
Im normalen Leben gibt es dieses dauerhafte Glück eher selten bis gar nicht. Darum ist die Empfehlung gut, sich die kleine(re)n Glücksmomente zwischendurch bewusst zu machen: Welche Glücksmomente hatten Sie heute, gestern oder in den letzten Tagen?
Vielleicht gab es keine, oder Sie haben sie nicht erkannt. Manchmal erscheint die Glücksfee in einem anthrazitfarbenen Mantel oder als blöder Arsch-Engel, über den man sich einfach nur echauffieren kann.
Meine Mutter erlebte gestern, wie eine ihrer schlimmsten Befürchtungen wahr wurde: Musiktherapie im Pflegeheim. Im Kreise der Halbtoten (Originalzitat) wurden Kinderlieder gesungen, unter anderem Häschen in der Grube.
Häschen in der Grube saß (da) und schlief, saß (da) und schlief,
armes Häschen, bist du krank,
dass du nicht mehr hüpfen kannst?
Häschen hüpf, Häschen hüpf, Häschen hüpf!
Bei einem Publikum, das im Rollstuhl sitzt, kann man das schon als satirisch bis grotesk bezeichnen? Vielleicht gilt es in Therapeutenkreisen als motivierend, da kenne ich mich nicht so aus. Vielleicht denkt auch keiner über den Text nach.
Häschen hüpf... sonst wird dich der Jäger holen, mit dem Schießgewehr!?
Nein, diese Zeile war aus Fuchs du hast die Gans gestohlen. Ich bin mit diesen Kinderliedern genauso wenig firm, wie viele der Hochbetagten im Heim. Es geht bei der Übung ja auch um Demenzprävention und Erinnerungsfähigkeit? OMG, ich würde gnadenlos scheitern. 😕
"Ich bin mit meinem Rollstuhl ausgeschert und weg gerollt!", berichtete meine Mutter erzürnt, "das ist ja wie im Kindergarten! Mit Musiktherapie hat das nichts zu tun!"
Doch, prinzipiell schon, aber sie ist nun mal anders als die meisten anderen Alten, von denen einige wohl total begeistert mitgesungen haben. "Die waren so glücklich", erzählte die Zimmernachbarin, die vom Häschen-Song auch nicht begeistert war, und trotzdem mitgesungen hat. Es ist eine Generation, die tendenziell widerspruchslos mitmacht, und eher nicht nach alternativen Angeboten fragt. Meine Mutter hat immer gerne gesungen, zuletzt noch vor ihrem TV-Gerät, bei Michaeeee-la-haha von Panther Iltis. Da kann man auch mit gebrochener Stimme mitgrölen.
"Singen wäre schon gut für dich", meinte ich, obwohl meine Mutter selbstkritisch bemängelte, dass sie keine Stimme mehr hat. Die ist definitiv eingerostet, durch das viele Sitzen, Liegen und den Nichtgebrauch der Stimmbänder. Da ginge schon noch was, wenn man nicht gerade den Anspruch hat, Arien zu intonieren, wie eine Maria Callas.
Trotzdem kann ich nachvollziehen, dass Therapie-Angebote wie Häschen in der Grube ein K.O.-Kriterium für meine Mutter sind. Da geht sie nicht mehr hin, das ist ihr zu blöd. 😡
Ganz anders und viel eleganter war eine andere Art der Musiktherapie: Während der Reha vor vier Jahren hatte es eine Pflegekraft gegeben, die auf ihrem Handy Musik abgespielt hatte. Dieses morgendliche Wunschkonzert war für meine Mutter ein Highlight, von dem sie wiederholt berichtet hatte: Tom Dooley war damals ihr (Protest)Song. 😱
Die Melodie kennen Sie vielleicht, den (deutschen) Text habe ich mir gerade eben angehört, und wäre fast vom Sofa gefallen. Jetzt weiß ich endgültig, woher mein abgrundtief dunkelanthraziter Humor kommt. Totgesagte leben länger, fällt mir dazu nur noch ein, und als kreative Drehbuchautorin würde ich in der Netzflix-Serie #Muttergeschichten eine Neuauflage von Tom Dooley verfassen, in der es zu einer unerwarteten Wendung kommt: Clint Eastwood reitet im Italo-Western Stil heran, wie immer lässig mit einem Zigarillo im Mundwinkel. Er schaut sich das alles an, ohne eine Miene zu verziehen, und schießt den verurteilten Dooley für eine Handvoll Dollar im letzten Moment vom Galgen. Auch das wäre noch nicht das Happy End, sondern nur der Auftakt zu einer wieder neuen Staffel. 😅 Nächstes Mal spiele ich ihr den Dooley auf meinem Handy vor.
Siehe auch: Murmeltiertag!, Jetzt denken Sie doch endlich positiv!, Takeo Ishi jodelt, Licht aus, Spot an!, Sind Sie alt?, #Glück, Gute Wünsche
Weiterführende Links
- Murmeltiertag (Groundhog Day) - Wikipedia
- Und täglich grüßt das Murmeltier (Film) - Youtube Trailer, Wikipedia
- Häschen in der Grube - Wikipedia
- Maria Callas - Wikipedia
- Tom Dooley von den Nielsen Brothers - Youtube
- Clint Eastwood - Wikipedia
- Was hat uns der Italo-Western gebracht? - Deutschlandfunk Kultur
- Für eine Handvoll Dollar - Wikipedia
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