Freitag, 28. Januar 2022

M. C. Escher

#Spiegelung 

Ja, da freut man sich über einen sonnigen Morgen, und zack, schon regnet es wieder. Um genau zu sein: Schneeregen-Mix. Auf jeden Fall ist es nass von oben, und unten rauscht der Bach. Die Haselnusssträucher dazwischen werden doch erst im Februar ihre Pollen verstreuen, nachdem der Januar ein paar frostige Tage nachgeliefert hat. Es ist also wieder ungemütlich draußen, und somit Zeit, um sich auf dem Sofa liegend eine schöne Dokumentation anzugucken.

Mein heutiges Bild des Tages ist eine Anlehnung an das Motiv "Drei Welten" von M. C. Escher. Ich kann Ihnen das Original aus urheberrechtlichen Gründen leider nicht mitliefern, aber Sie finden es im Internetz (siehe weiterführende Links). Die Litographie aus dem Jahr 1955 zeigt einen See oder Teich, auf dessen Wasseroberfläche Herbstlaub treibt. Darunter ist ein Fisch zu sehen, und auf dem ruhigen Wasser spiegeln sich die kahlen Bäume der Umgebung. Drei Welten also. Ich bin geneigt zu sagen: Es gibt noch mehr, aber das ist ein anderes Thema. Noch mehr Welten lassen sich nicht so leicht visualisieren, aber Escher war der Sache auf der Spur.

Er war ein sehr genauer Beobachter und hat seine gegenständlichen Arbeiten mit einer atemberaubenden Präzision angefertigt. Ein Perfektionist mit Visionen, die zu seinen Lebzeiten (1898 - 1972) nicht wirklich verstanden wurden, aber sehr beliebt waren: Optische Täuschungen, unmögliche Perspektiven, Muster, die ins Unendliche und auf sich selbst zurückverweisen, Metamorphosen. Sein Werk ist verwirrend, verblüffend, und schlichtweg genial. 

Ein lockerer Typ war Escher nicht. "Für Sie immer noch M. C. Escher", schrieb der Künstler an Mick Jagger, als der per Brief ein neues Werk von Escher für ein Plattencover bestellen wollte. Er hatte ihn dabei mit seinem Vornamen Maurits angesprochen. Maurits hatte aber keine Zeit. Das muss für den Mick ein ziemlicher Schock gewesen sein. Escher war bereits sehr krank, und wollte sich auf das Wesentliche konzentrieren. Nach eigenen Aussagen hätte er auch zwei Leben mit seinen Arbeiten füllen können. Für die Hippie-Bewegung der 1968er hatte der Mann aus dem vorletzten Jahrhundert nicht so viel Verständnis. Das war ihm alles zu bunt, er bevorzugte Schwarzweiß.

Escher schrieb: "Ich fürchte, es gibt auf dieser Welt nur eine Person, die einen guten Film über meine Drucke machen kann: ich selbst." Das klingt ziemlich überheblich, ist aber vermutlich wahr. Und so wird die Geschichte dieses niederländischen Ausnahmekünstlers, der sich selbst als Mathematiker bezeichnete, in der arte Dokumentation mit Eschers eigenen Worten aus seinen Tagebüchern, Notizen, Vorträgen und Hunderten von Briefen erzählt. Das ist sehr gut gelungen, faszinierend und informativ.

arte Dokumentation: M. C. Escher - Reise in die Unendlichkeit (verfügbar bis 25.4.22)

Die Welt ist unlogisch und voller Widersprüche.  

In diesen Zusammenhang passt das 1979 erschienene Buch Gödel, Escher, Bach von Douglas R. Hofstadter. "Ein brillanter Streifzug durch die Grundlagen, Verzweigungen und Abgründe des logischen Denkens und eines der ersten erfolgreichen Sachbücher des Computerzeitalters. Sein philosophischer Gehalt ist immer noch aktuell.

Sogenannte 'seltsame Schleifen' werden anhand von Johann Sebastian Bachs Musik, M. C. Eschers Zeichnungen und Kurt Gödels mathematischem Theorem erläutert. Es besagt, dass ab einem bestimmten Komplexitätsgrad ein widerspruchsfreies und zugleich vollständiges logisches System unmöglich ist. Derartige Aussagen - ebenso wie das Erkennen einer seltsamen Schleife - können aber nur gemacht werden, wenn man sich 'außerhalb des Systems' stellt." (getabstract).  

Wie aber könnte man ein System von außen anschauen, wenn man selbst Teil davon ist? "Abstand halten" bekommt in diesem Kontext eine ganz neue Bedeutungsebene: mentaler Abstand. Der eröffnet mitunter neue Perspektiven auf den "Irrsinn dieser Welt". Aber von welcher der drei (oder mehr) Welten sprechen wir?  Eine eschereske Frage, oder schon wieder eine seltsame Schleife? 😎 

Da ist die Escher-Dokumentation angenehmer, und hilft auch beim Abstandhalten vom sonstigen medialen Getöse der Jetzt-Zeit. 

Siehe auch: Alles blinkt und blökt, Reizüberflutung, Vollmondpfosten, Erfahrung, Schatten an der Wand, Scherbenfotosophie

Weiterführende Links

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