Montag, 9. Oktober 2023

Memento mori

27 mm | 1/20 s | f1,6 | ISO 500 | Smartphone

#Muttergeschichten

"Ich bin immer da, wo man mich nicht vermutet".

Franz Josef Strauß zu Spekulationen, ob das Amt des Bayerischen Ministerpräsidenten der Bonner Opposition vorzuziehen sei, in: Weltbild 25. Oktober 1976

Auf dem Weg zum Fitnessstudio mache ich fast immer einen kleinen Umweg zu einem dieser offenen Bücherschränke. Das ist eine gute Adresse, weil es dort fast immer irgendetwas gibt, das sich entweder für mich, oder für meine Lieblingsmenschen eignet. Am oder kurz vor dem Wahltag hatte sich irgendjemand seiner FJS Karikaturensammlung entledigt, und es war genau das passende Geschenk des Universums für meine Mutter. Alte Erinnerungen, aus gefühlt besseren Zeiten. Und vor allem lustig.
"Wie zufrieden bist du mit dem Wahlergebnis?", erkundigte ich mich.
"Ach ja", winkte sie ab, "hätte besser sein können. Aber geht schon. Die kannst du doch alle in den gleichen Sack reinstecken."
Sie war nach dem Wochenende nicht gut drauf, einerseits gesundheitlich, andererseits, weil mit dem Pflegedienst wieder etwas nicht so gelaufen ist, wie sie es von anderen Pflegekräften gewohnt ist. Sie hatte schlecht geschlafen und war müde. Da kam der humorige Lesestoff vor dem Frühstück gerade recht: Lachtränen. Der Karikaturen-Vorrat hält etwas länger, falls das TV-Programm noch einmal längere Zeit ausfällt, so wie letzte Woche.
"Für das Staatsbegräbnis (vom Franz Josef) habe ich mir einen Tag Urlaub genommen", ließ sie mich wissen. Das war 1988, da lebte ich längst nicht mehr im damaligen Mutterhome, war selbst schon berufstätig, und habe das große TV-Ereignis gar nicht mitbekommen. Politik hat mich damals bestenfalls am Rande interessiert. Ein Tag Urlaub für FJS, damit sie sich die Fernsehübertragung anschauen kann!? Wow. Es muss meiner Mutter wirklich wichtig gewesen sein.

Es war auf jeden Fall ein historisches Ereignis, wie ich bei Wikipedia lese: "Der Trauerzug war einer der größten in der Geschichte der Stadt München. Die Beisetzung (von FJS) durch Joseph Kardinal Ratzinger erfolgte dagegen im engsten Familienkreis am 8. Oktober* in Rott am Inn." Da waren die Richtigen beieinander, könnte man sagen. Der eine wurde später Papst, der andere hätte es vielleicht noch zum König von Bayern geschafft... 😇😈 

Memento mori
Im antiken Rom gab es das Ritual, dass bei einem Triumphzug hinter dem siegreichen Feldherrn ein Sklave stand oder ging. Er hielt einen Gold- oder Lorbeerkranz über den Kopf des Siegreichen und mahnte ununterbrochen mit den folgenden Worten:

  • „Memento mori.“ („Bedenke, dass du sterben wirst.“)
  • „Memento te hominem esse.“ („Bedenke, dass du ein Mensch bist.“)
  • „Respice post te, hominem te esse memento.“ („Sieh dich um und bedenke, dass auch du nur ein Mensch bist.“

Memento mori bezieht sich nicht auf einen Toten- oder Ahnenkult. Auch beinhaltet es keinen Todeskult oder die für die Romantik typische Ewigkeitssehnsucht. (Wikipedia)

*Dass man den Franz Josef im aktuellen Wahlkampf mit einem Plakat und Zitat wieder aus der Versenkung geholt hat, ist vielleicht dem 35jährigen Jahrestag seines Begräbnisses geschuldet, der genau auf den Wahltag fiel. Beim Anblick der Litfaßsäule ist mir jedenfalls die Kinnlade runter gefallen. Zeitreise?! Wurmloch?! Die Buttons mit dem  "Stoppt Strauß!" Spruch waren bei uns auf dem Gymnasium verboten. Wir sollten ja für's Leben lernen. 😅

Meine Mutter meinte nur: "Was wohl der Franz Josef dazu sagen würde, wenn er wüsste, was hier los ist!" Das werden wir wohl nie erfahren, denn der ist seit 35 Jahren unter der Erde, und führt jetzt nur noch philosophische Gespräche mit dem ehemaligen Papst.
Und weil wir schon dabei sind, reiche ich heute die sporadisch gesammelten Plakatnotizen nach. Das fällt dann in die Rubrik "Zeitgeschichte von morgen".

Siehe auch: BriefwahlDie Qual der Wahl#Plakat, Philosophische Poesie  oder zur Beruhigung #Bäume.

Weiterführende Links

Weiter mit der Bildersammlung, Fotos im Vorbeigehen, alle mit dem Smartie geknippst.




Das knallrote Plakat von der SPD kennen Sie ja schon, das war hier: Kostenlos! 

Ich bin jetzt erst mal froh, wenn die krude Plakatierung wieder aus dem Stadtbild verschwindet, und gleichermaßen gespannt, wie lange das dauern wird. So manches Plakat wurde bereits von Teilen des Wahlvolks vor-verkleinert und zur Abholung auf dem Grünstreifen abgelegt. Sinnbild(er) der Vergänglichkeit.

Sehen Sie dazu vielleicht noch einen fünfminütigen Beitrag aus der Sendung quer des BR, über "Die Kunst des analogen Wahlplakats" - bei Youtube. Da habe ich mir die Idee geklaut, nach all dem Schrott noch ein heiteres Abschlussbild einzufügen...

300 mm | 1/250 s | f5,6 | ISO 250 | Canon EOS 7D

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