Donnerstag, 17. Juli 2025

Verschlossen

27 mm | 1/400 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone

 #Fenster
#Muster  #Linien  #Farben #Metall
#minimalistisch

Das Fenster mit seinen heruntergelassenen Rolläden widersetzt sich meinem "Schau-Fenster"-Langzeitprojekt - es ist verschlossen. Dafür hat es andere formale Eigenschaften, die es für mich fotografisch interessant machen: Farben, Linien, Formen... Passt das zusammen?, war die Frage, die sich mir beim Anblick dieses Ensembles stellte, oder auch: Wer entwirft so ein kurioses #Design? Welchen Zweck hat das grünliche Gitter? Als Einbruchschutz taugt es eher nicht, also wird man es wohl als Schmuckelement angebracht haben? Ist das schön!? 😅

Fragen über Fragen, die man sich nicht stellen muss, aber das menschliche Gehirn will unterhalten, oder auch von schwierigeren Fragen abgelenkt werden. 😉 

Sind Sie bereit für eine etwas schwierigere Frage? Es geht um Konflikte und das Thema Abgrenzung.

Ganz praktisch gesehen hat man es hinter Rollläden ruhiger: Von außen kann niemand reingucken, es ist vermutlich dunkel im Raum dahinter, und wenn man schlafen oder sich ausruhen möchte, ist so eine Jalousie eine hervorragende Sache. In einem heißen Sommer erst recht, weil es drinnen kühl bleibt. Das unsichtbare Bild hinter diesem Bild zeigt einen Rückzugsort

Es gibt real existierende Orte, an die man sich zurückziehen kann, wenn man Abstand vom stressigen Alltag braucht, zum Beispiel eine Kaffeeküche, die Badewanne zuhause, eine Sitzgelegenheit im Grünen, oder eine Urlaubsreise. Erst mal weg, raus aus der unmittelbaren Belastung - Kraft tanken.
Wenn das alles nicht verfügbar ist, gibt es auch mentale Rückzugsorte. Die suchen wir oft gar nicht bewusst, finden sie aber. Vielleicht sind es Tagträumereien, in die wir verfallen, oder man wird aktiv und sucht sich eine Ablenkung, bei der man sich besser fühlt. Das kann eine Bewältigungsstrategie sein, vielleicht auch ein Verdrängungs- bzw. Abwehrmechanismus.

Haben Sie einen konkreten, räumlichen Rückzugsort, den Sie aufsuchen können, oder nutzen Sie andere Methoden wenn Ihnen 'irgendetwas' oder jemand zu viel wird? Vielleicht brauchen Sie auch gar keinen Rückzugsort, weil Sie sich generell gut abgrenzen können? 💪 

Wie reagieren andere Menschen in Ihrem Umfeld, wenn Sie auf Abstand gehen, sich zurückziehen, also symbolisch "die Rollläden runterlassen"? Wer respektiert Ihre Abgrenzung, wer nicht? Wer stellt Ihnen unerbittlich nach, und wer lässt Sie so lange in Ruhe, bis Sie sich von selbst wieder melden? 

Andersherum betrachtet: Gibt es Situationen, in denen Sie jemandem nachjagen? Bei wem fällt es Ihnen besonders schwer, ein Nein oder einen Widerspruch zu akzeptieren? 

Hakeleien und Reibereien gibt es überall, das ist normal. In gesunden Beziehungen - sei es in der Familie, am Arbeitsplatz oder unter Freunden - findet man beizeiten zurück zu einem Dialog auf Augenhöhe, und kann den Konflikt klären. Dazu gehört es auch, das eigene Verhalten zu reflektieren, auf das Gegenüber einzugehen, und sich gegebenenfalls zu entschuldigen. 
Bei schwierigen Gesprächspartnern kann eine Mediation helfen, also ein neutraler Vermittler, um auf eine konstruktive Gesprächsebene zurückzufinden. In toxischen Beziehungen bleibt es beim Machtkampf, es geht ums Rechthaben und Rechtbehalten. Auch wenn zwischendurch Friede zu herrschen scheint, poppt das Grundsatzthema immer wieder hoch. Diese Situation erlebe ich mit meiner Mutter im Pflegeheim, und es ist eines der alten, "sich wiederholenden Muster". 

Ein Machtkampf ist ein Spielchen, für das man ein Gegenüber braucht, und bei dem es regelmäßig zu emotionaler Aufruhr kommt. Dabei sind Verhaltensstrategien aus der Kindheit aktiv - blinde Flecken, bei denen man den eigenen Anteil am Geschehen nicht sehen kann oder nicht wahrhaben will. Von außen mit dem kühlen Verstand betrachtet sieht es aus wie 'Kindergarten', wenn sich zwei erwachsene Leute um (scheinbare) Nichtigkeiten streiten. Für die Konfliktparteien selbst ist es jedoch eine todernste Überlebensfrage, bei deren Erörterung die Emotionen den Verstand niederbügeln. Grroooaaaarrrrhhh! 💥

Wenn sich die Eltern ständig wegen 'was auch immer' gestritten oder ihre Kinder für 'was auch immer' kritisiert haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch im Leben der nächsten Generation ähnliche Muster auftauchen, und sich regelmäßig oder sporadisch wiederholen. Das sind diese "Löcher in der Straße". Eine andere Straße - also andere Verhaltensmuster - kann man erst nehmen, wenn man verstanden hat, dass es eine Alternative gibt. Aktiviere Google Maps... schau dir die Umgebung an. Wo ist die Baustelle, wo ist der Stau? Berechne neue Route! In anderen Lebenssituationen gelingt uns der "Adlerblick", wir können unser Verhalten anpassen, aber wenn starke Gefühle oder gar Traumata im Spiel sind, fällt das GPS regelmäßig aus. Dann findet man keinen anderen Weg und fällt immer wieder ins Loch, also in die alten Muster zurück. 😓

Reale Rückzugsorte oder die heruntergelassenen mentalen Rolläden haben ihre Berechtigung als temporäre Schutzräume. Dort kann man in Ruhe und ungestört nachdenken und sich überlegen, wie man mit schwierigen Situation weiter verfährt. 
Für Kriegsgegner ist der Bunker ein Ort, an dem sie Strategien entwickeln, welche Waffen sie im nächsten Kampf einsetzen, und wie sie ihren nächsten Sieg erringen können... 

Siehe auch:  #Schau-Fenster, Kiesgrube, Abgetaucht - Wenn Freunde einfach verschwinden, Zwischenruf, Pappenheim(er), Unkraut vergeht nicht?, Stahlbeton, Schallwellen, Läuft..., Lichtwand mit Dunkelbalken, Kraftort, EtappenzieleDrahtseilakt

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