Montag, 28. März 2022

Entschuldigung, ich musste gerade lachen

 #Graffiti  #Smiley  #MAVndas?
#Minimalismus  #Linien  #monochrom
#Grautöne  #Emoticon

Der Weltlachtag ist ein Welttag, der jährlich am ersten Sonntag im Mai begangen wird. Die Idee stammt aus der Yoga-Lachbewegung, die weltweit in über 6.000 Lachclubs in mehr als 100 Ländern auf allen Kontinenten organisiert ist. Punkt 14:00 Uhr deutscher Zeit (12:00 GMT) wird dabei in Europa gemeinsam für eine Minute gelacht. (Wikipedia)

Das war der Moment, in dem ich lachen musste

Jawoll! Punkt 14 Uhr! Termin vorgemerkt: Eine Minute lachen!

Wann ist denn heuer der erste Sonntag im Mai? Ach herrjeh: Tag der Arbeit, Maifeiertag. Auch das noch. Zuletzt ein Blick auf das Logo der deutschen Lachbewegung: Eine Friedenstaube mit dem Slogan: Lachen für den Weltfrieden

Da kann einem das Lachen gerade wieder im Hals steckenbleiben. Nichts für Ungut, die Idee hinter der Bewegung ist klasse. Warum ich zu dieser Einschätzung komme, werde ich in einem anderen Beitrag erläutern. Ich war auf der Suche nach Belegen, die die Wirksamkeit des Lachens wissenschaftlich untermauern, als ich über den Lach-Aktionstag stolperte. Doch wenn jemandem gerade so gar nicht nach Lachen zumute ist, klingt dieser Lach-Aktivismus wie der pure Hohn. Man kann das lächerlich oder gar zynisch finden. 

Nicht jetzt!
Sie erinnern sich vielleicht an die Situation, in der ein potenzieller Kanzlerkandidat an der falschen Stelle und im falschen Kontext beim Lachen erwischt wurde. Was gibt es da zu lachen!? Ja mei. Da hat halt einer was Lustiges gesagt. Und: Ja klar, es war in diesem Kontext unangemessen. Aber muss man daraus ein Drama machen? Ich verstehe gut, wenn sich die Betroffenen, deren gesamte Existenz gerade von der Flut weggerissen worden war, von diesem Lachen tief verletzt fühlten. Der nachfolgende Shitstorm war kein Mitgefühl für die Flutopfer. Diese neumodischen Empörungsdynamiken befriedigen ganz andere Bedürfnisse, siehe weiterführende Links: >Altruistische Narzissten. Mir ist manchmal auch nicht zum Lachen zumute, dann werde ich grantig, wenn andere so fröhlich sind. Grrrr...! Aber meine temporäre schlechte Laune ist mein Problem. Am nächsten Tag oder ein paar Stunden später fühlt es sich wieder ganz anders an. Also erst mal Ruhe bewahren, und warten, bis sich der Grant verzogen hat.

Niemand ist perfekt
Menschen benehmen sich daneben, sie treten in Fettnäpfchen, und merken es manchmal gar nicht. Dann ist Feedback gut, die Möglichkeit zur Aussprache, gefolgt von einer ernst gemeinten Entschuldigung. So lassen sich zwischenmenschlichen Irritationen wieder beruhigen. Wenn man anschließend gemeinsam lachen kann, ist der Weltfrieden ein paar Zentimeter näher gerückt. Aber natürlich: Die Sache ist weitaus komplexer als ich sie hier um des Lehrbeispiels willen darstelle. Feedback wird als Schelte aufgefasst, und die Kritik weckt automatisch schlechte Erinnerungen, die bis in die Kindheit oder Schulzeit zurückreichen können. Der "Feedback-Nehmer" oder Gescholtene fühlt sich peinlich berührt, muss sein angeschlagenes Selbstwertgefühl wieder auf die Reihe kriegen, beißt zurück... und das Spiel geht in eine neue Runde. Es ist immer wieder die gleiche Schleife, allzu menschlich, aber leider destruktiv. Es wird nicht besser, wenn sich schwelende Konflikte über Monate und Jahre hochschaukeln. Da muss ich auch an Paul Watzlawick und die >Geschichte mit dem Hammer denken. Kommen wir da raus, bevor jemand den ganzen Planeten atomisiert?

"Die Welt ist verrückt geworden."
Es kommt uns oft so vor, aber wenn man sich "das alles" mal ganz in Ruhe anschaut, ist vieles erstaunlich logisch. Es gibt kausale Ketten von Ursache und Wirkung: Wenn ich jemanden beleidige, entsteht eine Kränkung. Daraus kann sich ein Dominoeffekt entwickeln: Der oder die Gekränkte lässt die eigene schlechte Laune an jemand anderem aus, und daraus ergeben sich weitere Effekte - ganz woanders. In einfachen Systemen ist die Verkettung linear und vielleicht noch überschaubar. Solche Kausalketten ("Karma") kann man bedingt kontrollieren und aufhalten, indem man die Ursache beseitigt oder gar nicht erst entstehen lässt. In komplexen Systemen entstehen Schneeballeffekte, nichtlineare und somit unberechenbare Konsequenzen. Analysiert man die späten Auswirkungen, findet man keine eindeutige Ursache. Mysteriös? Nicht wirklich. Es fehlen nur die Daten dazu. 😉

Schmetterlingseffekt
Was interessiert es mich, wenn in Chicago ein rostiges Fahrrad umfällt? Oder ein Reissack in China, wenn Ihnen dieses Bild besser gefällt. Mit solchen Sprüchen tun wir Kleinigkeiten ab, die für unser eigenes Leben oder gar das Weltgeschehen völlig bedeutungslos erscheinen. Am schönsten und poetischsten ist es, wenn man den Schmetterling nimmt, dessen Flügelschlag in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen kann. Der Schmetterlingseffekt besagt, dass beliebig kleine Unterschiede in den Anfangsbedingungen im Laufe der Zeit zu starken Unterschieden im beobachteten System führen. Simpel ausgedrückt kommt es also sehr wohl auf Kleinigkeiten an. Es gibt mehrere Kinofilme, die dieses Phänomen thematisieren, am deutlichsten wird es in Lola rennt - spannungsgeladenes Actionkino.

Die Lachnummer vom Aktionstag erscheint lächerlich, wenn man die Hintergründe nicht kennt, und es wirkt grotesk, dass man am ersten Sonntag im Mai um 14 Uhr MEZ eine Minute lang lachen soll. Meine alte Mutter würde sagen: "I versteh des net. Die san alle narrisch!" Aber: Wenn Tausende von Menschen auf der ganzen Welt gleichzeitig lachen, machen sie zusammen mehr Wind, als es der Flügelschlag eines Schmetterlings je könnte. Also lieber Vorsicht mit vorschnellen Urteilen. Die Schweigeminute bei gravierenden Ereignissen oder an Gedenktagen entfaltet schließlich auch eine starke emotionale Wirkung. 

Das Leben ist ernst genug
An der falschen Stelle lachen ist nicht so toll, aber Sie beenden keinen Krieg, wenn Sie aus Solidarität grundsätzlich aufs Lachen verzichten. Sie lachen ja nicht den ganzen Tag oder über eine schlimme Situation, sondern nur für einen Moment, und dann hoffentlich aus tiefstem Herzen. 💗
Im Umgang mit anderen Menschen schadet ein freundliches Lächeln nicht, im Gegenteil. Es gibt zwar genug miesepetrige Zeitgenossen, die einen anschauen wie a Schwaiberl wenn's blitzt, aber beim zweiten oder dritten Mal lächeln oder grüßen sie freundlich zurück. 😊 Das ist dann der Mere-Exposure-Effekt, den Sie als "Steter Tropfen höhlt den Stein" Manipulationstechnik schon kennengelernt haben.

Siehe auch: Situationskomik, Finden Sie den Oktopus!Smile, Pornopapst, Hallo Wien!, Weltuntergang, Smiley ToGoDas N-Wort

Begriffserklärungen (alle zu Wikipedia)

Weiterführende Links

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