Samstag, 10. Mai 2025

Nicht schön, aber...

27 mm | 1/380 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone

#Baumbart  #Naturgeist  #Gesichter
#Muttergeschichten  #Pflegeheim

Ein bisschen (Sonnen)Licht gab es gestern doch noch im späteren Tagesverlauf, aber zum Fotografieren dieses skurrilen Baumbarts kam es aus der falschen, weil Gegenrichtung. Ich weiß ja, wo er steht, um nochmal nachzuarbeiten. Ob der Bart dann schon in frischem Grün nachgewachsen ist, bleibt abzuwarten. 😅

Es ist immer noch eisheilig kalt. 😒 Diese unangenehmen Gesellen sind heuer zu früh eingetroffen, und reisen hoffentlich bald wieder ab. Dann können sich die Seniorinnen und Senioren auch wieder auf die vielen schönen Sitzgelegenheiten im Außenbereich der Pflegeheim-Cafeteria verteilen. Aktuell sind die Plätze drinnen längst besetzt, wenn ich nachmittags ankomme. Die meisten Gäste führen entweder einen sperrigen Rollator mit sich, der neben dem Tisch geparkt wird, oder sitzen im Rollstuhl, für den dann mindestens ein Stuhl beiseite geräumt werden muss. Dadurch passen weniger Leute in den Raum, weil man sich auch nicht wie im Biergarten einfach zu jemand Fremdem setzt. Manchen Leuten geht meine Mutter auch ganz bewusst aus dem Weg. 😤

So ist es eine sportliche Denk- und Manövrieraufgabe, die Mutter im Rollstuhl nebst vollgeladenem Tablett mit Kaffee, Kuchen und Piccolo passend zu platzieren. Wenn es zu voll ist, sitzt meine Mutter lieber in einem etwas abgelegeneren Bereich nahe der Rezeption. Von dort aus kann sie gut sehen, wer in die Cafeteria geht und was im Foyer los ist, ohne selbst sofort gesehen zu werden: Beobachterinnenposition.

Gesprochen wird wieder im Doppelzimmer, wenn auch nicht mehr so viel wie vor dem Ausbruch des kalten Kriegs.
"Ich bin jetzt meistens irgendwo draußen, im öffentlichen Bereich", teilte meine Mutter mir mit, womit sie die Gemeinschaftsräume und Gänge der Pflegestation meint, in denen sich auch viele andere Bewohnerinnen und Bewohner tagsüber aufhalten.
"Wenn ich die ganze Zeit in meinem Zimmer sitzengeblieben wäre", meinte sie, "wäre ich wie eine graue unsichtbare Maus. Inzwischen kennt mich jeder, und ich habe ihnen erklärt, dass ich nicht Alzheimer bin! Und dass es immer einen Grund hat, wenn ich laut schreie." 😡😕😟

Stimmt: 🐞 Käfer sind so ein Grund, wenn sie sich ins Zimmer verirrt haben. Jetzt im Frühling kommen auch Wespen dazu, die meine Mutter natürlich sofort entdeckt. 🐝 Dadurch kam es wohl zur Wiederaufnahme der Kommunikation:  "Da ist eine Wespe, die musst du einfangen, sonst wirst du gestochen!", sagte meine Mutter zu ihrer Mitbewohnerin. Coole Strategie, ganz ohne Geschrei. 😎

Vielleicht sortiert sich die Lage im weiteren Verlauf noch dahin gehend, dass Sprechen möglich und Schreien überhaupt nicht mehr erforderlich ist? 😽 Meine Mutter erzählte gestern wieder viele kleine Begebenheiten aus ihrem neuen Alltag, und ich hörte ihr interessiert und aufmerksam zu. Das ist einfacher als zuhause, weil es neue Geschichten sind, und ihre detaillierten Berichte manchmal klingen wie eine Drehbuchvorlage zur Serie "Lindenstraße". 😅
 
Bei den alten Herrschaften geht es verbal zünftig zu, manche sind sehr direkt und nehmen kein Blatt vor den Mund. Moderne Kommunikationsmethoden wie "gewaltfreie Kommunikation" sind in der Generation Ü80 weitestgehend unbekannt, da wird großzügig mit "Du-Botschaften" gearbeitet. Sympathie und Antipathie wechseln sich ab, manchmal von einem Tag zum anderen. Über die Frage, ob Maggi ein leckeres Würzmittel oder "totaler Dreck" ist, lässt sich vortrefflich streiten; Gespräche um das "Wie sieht die denn heute schon wieder aus!" machen es auch nicht besser. 😣
 
Hasskommentare gibt's nicht nur im Internetz. Wenn Sie bisher der Ansicht waren, dass Menschen sich gegenseitig nicht ins Gesicht sagen, was sie voneinander halten, dann wohnen Sie einem solchen Gespräch einmal bei und sind eines Besseren belehrt. Das ist mitunter knallhart, und im besten Fall absolut ehrlich. Zumindest ist noch kein Porzellan durch die Küche geflogen... 😟 
 
Es ist wirklich nicht einfach, weder für meine Mutter, noch für die anderen Bewohner*innen, aber irgendwie muss das Zusammenleben trotzdem 'funktionieren'. Mehr Einzelzimmer, bitte?! Die Warteliste ist lang. Ich hatte gestern das Bedürfnis meiner Mutter mitzuteilen, dass sie sich in dieser unangenehmen Situation wirklich tapfer schlägt. Gut war auch, dass ihr vorübergehend verschwundener und verloren geglaubter Lieblingspullover wieder aufgetaucht ist. 🙏

Als ich ihr zur Ablenkung die Kloschüssel-Anekdote mit der WC-Sitzerhöhung erzählt hatte, wirkte sie erschrocken und betroffen, weil sie die Situation selber kennt und nachfühlen kann.
"Der Hochsitz?!", fragte sie. Das ist ein wirklich geniales Wort für den TSE 120 plus! 😂
Ihr Sturz im Bad, der die ganze Pflegeheim-Situation zur Folge hatte, ist in der Erinnerung meiner Mutter nun diesem 'Hochsitz' zuzuschreiben - was natürlich nicht stimmt. Sie hatte beim Aufstehen einen Schwächeanfall, und halb am Rollator stehend das Gleichgewicht verloren. Der Hochsitz konnte nichts dafür, das zu enge Bad war nicht hilfreich, aber dieser Sturz hätte überall passieren können. 

Bleiben Sie fit, auf den Beinen und im Gleichgewicht. Ich mache jetzt zusammen mit meinem Mann die Finetuning-Probefahrt mit dem neuen französischen Einhorn. 🌞😍

Siehe auch: Frisch, Ein Hurz! aufs Wetter, Feiertag farbig, Gut sitzen können, Uiiii!!!, Zerbrechlich, Licht- und Hirngespinster, Jetzt doch!, Zwischenruf, Fantasie, Hexenschuss, Ich sehe was..., Lichtgestalt, Augen auf!Tummidemmi!

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