Montag, 28. Oktober 2024

Stinkgobaum

27 mm | 1/120 s | f1,6 | ISO 80 | Smartphone

#Ginkgo oder auch #Ginko #Früchte
#Botanik  #Herbst2024

Über den Tausendsassa Ginko hatte ich Ende August schon berichtet, als sich die ersten Blätter gelbgrün färbten. Jetzt sind die Bäume komplett gelb und werfen allmählich ihr Laub ab, aber nicht nur das: Es gibt auch welche mit Früchten. Darüber hatte ich schon bei der letzten Gelegenheit einiges gelesen, und mich gefragt, ob es sich bei den Ginkgos in meiner Umgebung um weibliche oder männliche Pflanzen handelt. Das ist wichtig, denn die einen stinken, die anderen nicht. Jetzt kommt Licht ins Dunkel. 😁

Ginkgobäume sind bis zur Geschlechtsreife, die erst im Alter zwischen 20 und 35 Jahren erfolgt (!), äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden. Um vorab das Geschlecht zu klären, wären teure und aufwendige genetische Untersuchungen der Samen notwendig. Man weiß also nicht unbedingt, was man sich in den Garten oder in die Straße holt? Die Aussagen dazu sind widersprüchlich.
"Die mirabellenähnlichen fleischigen Samen mit Steinkern riechen unangenehm nach Buttersäure, wenn sie reif sind. Aus diesem Grund werden im öffentlichen Grün heute fast ausschließlich männliche Ginkgos gepflanzt." (mein-schoener-garten)  Da werden die Ginkgo-Samen anscheinend doch vorher untersucht.

Von den vier offensichtlich geschlechtsreifen Ginkgos in meiner Nachbarschaft sind drei männlich und einer weiblich, und die Information, dass die Früchte nicht gut riechen, habe ich überprüft.

An besonders warmen und sonnigen Tagen, die wir momentan nicht haben, ist dieser Geruch nach ranziger Butter wahrscheinlich unangenehmer, in der morgendlichen Nebelkühle war es auszuhalten. Die Früchte dieses Baums sind allerdings nicht gelb, wie in der online Literatur beschrieben, sondern eher schweinchenrosa. Es sind ziemlich viele, die da gerade auf den Grünstreifen am Mittleren Ring herunterprasseln, und von ahnungslosen Passanten und Fahrzeugen zertreten und zerquetscht werden. Wenn's im Schuhschrank komisch riecht, war's vielleicht der Stinkgo. 😬
Eine sechsspurige Hauptverkehrsader riecht das ganze Jahr über nicht besonders gut, da kann man paar Tage mit Buttersäure aus Ginkgofrüchten überstehen. Als Anwohner lässt man die Fenster an so einem Standort sowieso besser ganzjährig geschlossen. In Duisburg mussten im Jahr 2010 160 Ginkgos gefällt werden, auf Drängen der Anwohner, die den Gestank nicht mehr ausgehalten haben.

26 mm | 1/50 s | f2,2 | ISO 125| Smartphone

 Es dauert Jahrzehnte, bis ein weiblicher Ginkgobaum Früchte trägt!
Der älteste Ginkgobaum steht in China und ist ca 1.300 Jahre alt.

Schuld an diesem üblen Geruch ist die Art, wie sich der Ginkgo vermehrt: Die Bestäubung, also das Aussenden der (noch geruchlosen) Pollen, erfolgt im Frühjahr durch den Wind. An diesem Standort scheint das gut zu funktionieren, sonst gäbe es nicht so viele Früchte. 😀

"Der eigentliche Befruchtungsvorgang ist höchst komplex und im Pflanzenreich fast einzigartig – nur die Palmfarne zeigen ein vergleichbares Paarungsverhalten. Aus den Pollen entwickeln sich sogenannte Spermatozoiden – das sind frei bewegliche Spermazellen, die in feuchter Umgebung aktiv ihren Weg in die Samenanlagen der zu Boden gefallenen weiblichen Früchte suchen."  😮
Um das zu fotografieren, braucht man vermutlich ein Mikroskop... 😅 

Nun könnte man diese Stinkefrüchte aufsammeln, und daraus einen eigenen Bio-Ginkgo heranzüchten, aber: "Die Anzucht selbst gesammelter Samen ist Glückssache."
Aßerdem müsste man "die frischen Samen von der übel riechenden Hülle befreien und in Kisten mit feuchtem Sand einschichten, sie bei ein bis drei Grad bis zum Frühling lagern, und könnte sie dann ab April in Anzuchtkisten oder direkt im Freiland aussäen".
Falls daraus dann ein Baum werden würde, wüsste man nach zwanzig bis fünfundreißig Jahren, ob es sich um eine geruchsneutrale männliche oder wieder um eine weibliche Stinkgo-Pflanze handelt? Das ist mir doch etwas zu langwierig, aber interessant bleiben diese Bäume allemal. Ich habe mich damit begnügt, ein schönes gelbes Blatt als Lesezeichen mitzunehmen. 😊

Das Fruchtfleisch des Ginkgo stinkt nicht nur, es ist auch giftig. Ob das nur für Menschen oder auch für Vögel gilt, konnte ich noch nicht herausfinden. Die Kerne in den roten Beeren der Eibe sind ebenfalls giftig, können aber von Vögeln verspeist werden. Kurioserweise ist an der Eibe nur das rote Fruchtfleisch ungiftig, der ganze Rest der Pflanze kann schon in geringen Mengen tödlich sein.

"Der Samenkern des Ginkgo ähnelt einer Pistazie und wird in asiatischen Ländern (in kleinen Mengen) als Delikatesse gegessen."  (saatkontor.de) Naja, die Japaner essen auch diesen komischen Fugu, einen hoch giftigen Kugelfisch... Da bleib ich doch lieber beim Schweinebraten. 😅 Man muss nicht alles futtern, was man in der schönen Natur findet, aber es ist schon gut, wenn man sich ein bisschen auskennt. 

Die Frucht der Japanischen Zierquitte, die ich auch in diesem Jahr entdeckt hatte, liegt - mittlerweile ein bisschen verschrumpelt - auf meinem Nachttisch, weil ich herausfinden wollte, ob sie wirklich so aromatisch duftet, wie man es ihr nachsagt. Mein aufgesammeltes Exemplar duftet angenehm, aber nur sehr moderat. Als Vogelfutter ist der Einsatz dieser Früchte weitaus sinnvoller, und um die Stinkgo-Früchte wird sich die Straßenreinigung kümmern. 

Siehe auch: Tausendsassa, Atsvents 2/2023, Herangereift, Farbintensiv, Selbstkletternd, Beruhigend, (Un)genießbar?, Wunschberuf Gärtner:in, Kraftort Es war die Flügelnuss und nicht die EscheMauerblümchen Kräuterkunde, #Baumfreunde, #Botanik

Weiterführende Links

Keine Kommentare: