Samstag, 18. November 2023

Dazulernen

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#Baumfreunde  #Herbst2023

Ja, schon wieder Bäume 🌲🌳 Ich habe mich gerade gefragt, ob ich mittlerweile mehr Baum- als Facebookfreunde habe, und worauf ich eher verzichten könnte, wenn ich mich entscheiden müsste. 😏 Das kann man natürlich nicht miteinander vergleichen. Viel eher steht die Frage im Raum, wie ich meine wertvolle Lebenszeit auf die so unterschiedlichen Lebensbereiche, die analoge und die digitale Welt, verteile. Auch innerhalb dieser beiden "Sphären" muss ich mich tagtäglich entscheiden, womit und mit wem ich meine Zeit verbringe. Notwendigkeiten und Möglichkeiten gibt es viele, und dazu das schöne Sprichwort, dass man nicht auf allen Hochzeiten tanzen kann. 

Bei mir spielen die Bäume, der Wald und die Natur generell eine sehr wichtige Rolle, weil ich dort am besten zur Ruhe komme. Da kann ich ungestört meinen Gedanken nachhängen, nur dem Zwitschern der Vögel oder dem Plätschern des Wassers lauschen, über die verschiedenen Formen und Farben von Pflanzen staunen, oder gar den Duft von Bäumen riechen.
Wenn alle körperlichen Sinne (bewusst) aktiviert werden, spricht man von "Waldbaden". Das ist ein komisches und für Laien irreführendes Wort für etwas sehr Erholsames. Es wird nicht "gebadet" oder gar geschwommen. Es geht um die achtsame Wahrnehmung aller körperlichen Eindrücke, während man sich im Wald befindet. Wenn so eine Tour von jemandem angeleitet wird, ist das Maß an Achtsamkeit noch einmal deutlich höher, als wenn man alleine durch den Wald spaziert. Es ist jemand da, der darauf achtet, dass unterwegs nicht gequatscht, telefoniert oder fotografiert wird. 😅

In Japan hat man mit dem Waldbaden seit vierzig Jahren Erfahrung, und vor etwa vier Jahren hatte ich das Thema hier im Blog schon einmal aufgegriffen. Nachdem ich den Unterschied zwischen dem "betreuten und unbetreuten" Waldbaden nun selbst erlebt habe, habe ich meine Meinung zu diesen vermeintlichen Wellness-Angeboten geändert. Es ist gut und es tut gut, es steht und fällt aber auch  mit dem jeweiligen Anbieter, der am besten einen fundierten Hintergrund hat.
Dann ist es ungefähr der gleiche Unterschied wie beim Zazen oder anderen Meditationsformen: Ob man alleine oder in der Gruppe mit Lehrer*in sitzt, verändert die Qualität der Wahrnehmung. Ich habe also dazugelernt, indem ich mich auf etwas eingelassen habe, von dem ich dachte, ich wüsste schon Bescheid. Und das mir als Gscheidhaferl...😁

"Shinrin-Yoku, japanisch für „Baden im Wald“, wird in Japan als Bestandteil eines gesunden Lebensstils gepriesen. Den Begriff hat das dortige Forstministerium im Jahre 1982 geprägt. Shinrin-Yoku bedeutet, mit allen Sinnen in die Stille und Unberührtheit des Waldes einzutauchen. (...)
Es ist nachgewiesen, dass Waldbaden bei Schlafstörungen, depressiven Gedanken, psychischen Belastungen oder der Aufmerksamkeitsstörung ADHS entlastend wirkt, und es ist eine sinnvolle präventive Maßnahme der allgemeinen Gesundheitsvorsorge." (>NABU)  Für Wikipedia ist es aktuell noch Esoterik und Naturtourismus. 😊

Die Kosten für Waldbade-Kurse werden von den Krankenkassen (noch?) nicht übernommen, aber in Reha- oder Tageskliniken werden sie als Entspannungsmethode (kostenfrei) angeboten. Bei Yoga, Rückengymnastik, Akupunktur, Osteopathiebehandlungen und verschiedenen Präventivmaßnahmen bekommt man mittlerweile einen Teil der Kursgebühr erstattet, oder man kann Bonuspunkte sammeln.
Ein fester Termin zum Waldbaden trickst einerseits den inneren Schweinehund aus, und die Gruppenerfahrung sorgt dafür, dass man sich nicht so blöd vorkommt, wenn man schweigend einen Baum ertastet. Mit professioneller Anleitung lernt man vor allem, wie man sich bei diesem Achtsamkeitstraining nicht so leicht von eigenen Gedanken oder wilden Fotografierimpulsen ablenken lässt. Wenn man das ein paarmal gemacht hat, kann man auch (wieder und ganz anders) alleine in die Natur gehen, und wahrscheinlich achtsamer als vorher.

Im Artikel von NABU steht außerdem: "Waldbaden wäre in gewissem Sinne gelebter Naturschutz. Denn wer dem Wald entfremdet ist, dem ist auch dessen Zustand gleichgültig. Nur wer Wald wertschätzt, ist bereit, ihn zu schützen." Ich lese jetzt endlich "Das Geheimnis der Bäume" von Peter Wohlleben. Lang hat's gedauert. Der Peter ist auch bei Facebook und macht informative Kurzvideos, aber bei Facebook bin ich momentan raus.

27 mm | 1/125 s | f1,6 | ISO 50 | Smartphone

Das Arrangement im Foto ist ein Sammelsurium aus Fundstücken, die ich während des letzten Waldbadens vom Boden aufgesammelt und danach arrangiert hatte. Sehen, hören, riechen, schmecken und tasten sind die fünf Sinneskanäle, durch die wir die Welt körperlich wahrnehmen. Es gibt auch noch die Synästhesie, den sechsten Sinn und die Zeitwahrnehmung, aber das sind wieder andere Themen. Erst mal nur Waldbaden. 😎

Siehe auch: Waldbaden - der neue heiße Scheiß, Routenplan B, Des Kaisers neue Kleider, Hänsel und Gretel im Perlacher Forst, Alles blinkt und blökt, Freizeitstress, Die Rückkehr der alten Götter, Es war die Flügelnuss und nicht die Esche, Ein Tännlein steht im Walde, Gefundenes Stillleben, #Bäume, Gscheidhaferl, Lichtblicke, Rückzugsorte

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