Samstag, 23. Dezember 2023

Gut angeschnallt?

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#Weihnachten2023  #Sturm

Der unlängst beschriebene, skurrile Weihnachtsbaum steht immer noch fest und sicher auf der Wiese, und harrt der Dinge, die auf ihn zukommen. Die vorsorglich montierten Zeltgurte waren definitiv nicht übertrieben. Schön sind sie immer noch nicht, aber absolut sinnvoll. Während ich diese Zeilen schreibe, wiegen sich die großen Bäume mit ihren ausladenden Kronen im tief dunkel dröhnenden Sturm vor ebenso tief grauen Wolkenbänken.

Wissen Sie noch, Weihnachten 2021? Ich glaube da war Lockdown mit Kontaktverbot. Oder war das 2020? Nein, da habe ich meine Mutter noch in der Reha-Klinik besuchen dürfen. Ostern 2020 war Lockdown, 2021 war das Weihnachten per Videokonferenz. Ich habe diese schrecklichen Erinnerungen total verdrängt. Sie auch? 

Wir wollten schnell zurück zur "Normalität", und die haben wir jetzt auch irgendwie. Gestern habe ich jemanden gefragt, wie er heuer mit seiner Familie Weihnachten verbringt: Heiligabend bei der Mutter, den ersten Feiertag beim Vater, und am zweiten Feiertag bei den Schwiegereltern. "Herumgereicht werden" fiel als Umschreibung. Etwas einfacher ist es bei einem anderen Freund, da kommen alle Kinder und Enkel gemeinsam ins (Groß)Elternhaus.
Am besten hat mir die Aussage einer Frau gefallen, die meinte: "Weihnachten ist mir total schnuppe! Ich freue mich darauf, dass drei Tage lang keiner was von mir will." Und wieder ein anderer meinte sinngemäß, ob dieses Fest wieder so einsam und lieblos werden würde, wie die letzten. Eine Freundin hängt gerade am Münchner Flughafen fest, ihre USA-Flüge wurden storniert. Ein paar andere Leute liegen gerade flach, mit dieser "Doppelstrich-Krankheit", oder irgendeinem anderen Infekt.
Egal wen ich gefragt habe: So richtig in sich ruhen können an diesen Tagen nur wenige. Ich bin körperlich wieder fit und auf dem Sprung ins Mutterhome. Bei uns gibt's das Weihnachtsessen heute, ein Solo für zwei mit Gühwein zum Nachtisch. "Weihnachten ist sowieso schon lange nicht mehr das, was es mal war", erklärte meine Mutter gestern, und meinte, dass ich mir nicht so viel Arbeit machen soll. Sie meint es gut...

Arbeit mit ihr habe ich an jedem einzelnen Tag im Jahr, auch wenn ihr das nicht bewusst ist. Wir haben alle unsere Verdrängungsmechanismen. Jeder Tag ist Weihnachten, weil ich da bin, und ihr Leben organisiere; weil ich mir ihre mitunter völlig unverständlichen Stories anhöre, und dabei selber ins Schleudern geraten bin. Dass sie und die ganze Situation anstrengend sind, versteht sie nicht, und erteilt mir stattdessen gute Ratschläge. Ihr Leben ist schlimm, sie kann ja nichts mehr tun. Wenn ihr das TV-Programm nicht gefällt, schaltet sie um. Der Kühlschrank ist immer voll, die Wäsche gewaschen, die Rechnungen werden bezahlt, die Medikamente frei Haus geliefert, und das Klopapier geht auch nicht aus. Mit dem Fensterputzen bin ich im Rückstand, aber das muss sie aushalten.

Ein kaputtes Schloss an der Hauseingangstür ist zugegebenermaßen ein Sonderfall, von denen es im Jahresverlauf diverse gibt. Dieser ist besonders pikant: Wenn niemand mehr von außen ins Gebäude kommt, auch wenn er einen Schlüssel hat, gerät die ganze Dienstleisterlogistik ins Wanken. Manchmal geht alles, manchmal nicht, und keiner weiß warum. Irgendeiner wird sich schon drum kümmern, irgendwann. Also hänge ich bei der Hausverwaltung in der Telefonwarteschleife, die sich nach zehn Minuten abschaltet. Wenigstens beantwortet noch jemand meine E-Mail, bevor sich die gestressten Ansprechpartner in den wohlverdienten Weihnachtsurlaub begeben. Der beauftragte Schlosser entfernt freundlicherweise das komplette Schloss, damit der Pflegedienst an den Feiertagen frühmorgens ins Haus kann. Die Gegensprechanlage mit dem Türsummer ist auch kaputt, und von den Nachbarn öffnet morgens um sechs niemand die Tür. Dass die Pflegekräfte am Rad drehen und reihenweise kündigen oder krank werden... Business as usual. "Mach doch einfach Urlaub", raten meine Freunde, und "lass es eskalieren". Mach ich. Ich zurre heute nur noch die zwei Meter hohen Kastanien auf dem Eichhörnchenbalkon doppelt fest, damit sie im Sturm nicht umfallen. Dann schalte ich um auf Sende- und Empfangspause. Der Pflegedienst kann ja wieder ins Haus.

Keep Calm And Carry On. 😜 Weihnachten 2023 ist auf jeden Fall besser als in einem generellen Lockdown gefangen zu sein. Darum wünsche ich Ihnen jetzt möglichst "normale" oder sogar richtig Frohe Weihnachten. Genießen Sie die kleinen Dinge. Gesund sein gehört zu den ganz großen.💖

Siehe auch: Robust, Atsvents 3/2023, Herr der Hindernisse, Wetter bewegt, Wintersonnwendsturm, Vom Winde verweht, Heute ist wieder so ein Tag, High NoonDa muss ich ja denken...!, Frühlingshaft, Erkenntnis des Tages

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