Freitag, 19. August 2022

Kunst am Bau

  #Mosaik #München #Giesing #TegernseerLandstraße


Ist das noch Kitsch oder schon Kunst?
Vor allem an älteren Gebäuden gibt es Verzierungen, die meistens rein dekorativen Zwecken dienen: Reliefs, Figuren oder kleine Skulpturen in Mauernischen, sogenannte "Hausfiguren". Auf diese Fassadenmosaike bin ich nur aufmerksam geworden, weil ich sie von der gegenüberliegenden Straßenseite erspäht und mich gefragt hatte, ob eines davon wirklich die Münchner Innenstadt mit der Frauenkirche zeigt. In der Tat!

Auch ich laufe an solchen Details oft vorbei, ohne sie genauer anzuschauen. Das ist kein Wunder, denn sie sind nicht auf Augenhöhe angebracht. Selbst wenn man direkt davor steht, muss man den Blick heben. Im Vorbeigehen wird man von den kleinen Ladengeschäften auf Straßenniveau abgelenkt, man hat es eilig oder muss auf den Verkehr achten. Die meisten Leute schauen sowieso aufs Handy, und das ist irgendwie schade, denn es gibt wirklich viel zu entdecken. Vielleicht haben Sie Lust und nehmen sich unterwegs auch mal die Zeit für einen Rundumblick, oder gar einen Blick nach oben? Das wäre auch gut für die oftmals verspannte Nackenmuskulatur. 😁

Wer hat's gemacht?
Bisher habe ich im Internet noch keine Informationen über diese beiden Mosaike oder deren Urheber gefunden, aber ich halte die Augen und Ohren weiter offen. Die Wohnblöcke an der Tegernseer Landstraße, an denen diese Bilder zu sehen sind, stammen vermutlich aus den 1950er oder 1960er Jahren. Die Fassaden sind sehr schlicht, nicht wirklich schön, und die Lage der Gebäude ist eher bescheiden: An dieser Stelle ist der Mittlere Ring sechs- oder gar achtspurig.  In dieser extrem verkehrsreichen Umgebung gehen die Mosaike regelrecht unter. Mein Unterbewusstsein signalisiert, dass es noch viel mehr davon gibt. Gesehen habe ich welche, aber bisher standen sie noch nicht auf meiner Liste fotografierenswerter Motive. 😉

Geschmacksverirrung?
Bis vor ein paar Jahren fand ich solche Dekorationen "altbacken" und spießig, habe sie eher belächelt. Doch mit der voranschreitenden Modernisierung meiner Heimatstadt verstärkt sich gerade der Kontrast zwischen Alt und Neu, zwischen dem, was einst modern war, und dem, was neuerdings so angesagt ist. Der spröde Charme der Nachkriegsjahre erzeugt bei mir jetzt so etwas wie Nostalgie, weil er am Verschwinden ist?
Diese Mosaike sind "retro", könnten aber noch einmal kultig werden, wie die Nierentische und Porzellan aus den 1950er Jahren. Jede Epoche hat ihre Eigenheiten, einen Stil, der erst jahrzehntelang heranreifen muss, bevor er sich zwischen dem superschicken Neubau und dem heiß begehrten (modernisierten) Altbau als "Design" behaupten kann.

Bei meiner Recherche bin ich auf eine Wikimedia-Commons Seite gestoßen, in der alle eingetragenen Münchner Baudenkmäler nach Stadtvierteln und Straßennamen aufgelistet sind. Meistens ist auch ein Foto des jeweiligen Objekts dabei. Einerseits hat es mich erstaunt, was alles in dieser Liste zu finden ist, andererseits war ich auch ein bisschen beunruhigt, wie viele Gebäude inzwischen herausgenommen wurden. Dazu gehört unter anderem das ehemalige Osram-Gebäude, mit dem Vermerk: Wurde 2018 abgerissen. Gut, dass es Fotos davon gibt. 😊

Siehe auch: Hausmittel, Renovierungsbedürftig, Tanz mit der Vergänglichkeit, Ein bisschen Frieden, Wiedererkennungswert, Baum-Haus, Standhaft, Stadtmöblierung, Design-Klassiker der Zukunft, Hausfigur, vermutlich unheilig, Ofenfrisch, Selektiv wahrgenommen, Frauenplatz, Mauerwerk, Wissenslücken, Vergangenheit, Aushaltbar, Rückkehr eines Design-Klassikers, Baufortschritt

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