Donnerstag, 11. April 2024

Gorillakäse fürs Forsa-Institut

33 mm | 1/500 s | f2 | ISO 80 | Nikon Coolpix P7700

#Kirschblüte  #München  #Untergiesing
#Frühling2024

An der Überschrift dieses Blogbeitrags können erfahrene Leserinnen und Leser erkennen, dass es heute wieder eine der #Muttergeschichten gibt, auch wenn das gezeigte Foto damit nur indirekt etwas zu tun hat: Ich war kurz einkaufen, um das Frühstück im Mutterhome etwas abwechslungsreicher zu gestalten, und habe die Wegstrecke natürlich genutzt, um nach zwei empfindlich kalten Nächten die Rückkehr des Sonnenscheins zu zelebrieren.
Die Idee für speziell dieses Bild ergab sich spontan, weil hier mal wieder Dinge zusammenkommen, die farblich durchaus harmonieren, inhaltlich aber doch Fragen aufwerfen. Es ist dieser "ästhetische Bruch", über den ich  neulich im FOMO-Beitrag geschrieben hatte.
Hier haben wir das Thema Bullenhass und den Schriftzug ACAB in Pink, verziert mit einem herzigen Smiley, und das grafische Meisterwerk wird überspannt von traumhaft rosaroten Kirschblüten. Mir scheint, dass die formale Gestaltung der Botschaft und die Wahl des Ausstellungsortes (Liebe 💗 und Schönheit 🌸) nicht so recht zur gewünschten Aussage (Hass 😡) passen. Da wird die Hassbotschaft schon irgendwie verniedlicht, und falls Sie nicht wissen, was das heißt, lesen Sie es auf den Seiten der Kriminalpolizei nach.

Fast jeden Tag erlebe ich im Mutterhome Situationen und Gespräche, die genauso abwegig, widersprüchlich und absurd sind, wie diese Graffiti-Baumblüten-Kombination. Diese Alltagssituationen ereignen sich meist völlig unerwartet, obwohl ich schon beim Betreten der Gefahrenzone prinzipiell weiß, dass mir gleich wieder irgendetwas blühen könnte.
Auch heute fing alles ganz harmlos an. Ich servierte meiner Mutter zunächst den Käse, den ich eingekauft hatte. Es musste etwas sehr Herzhaftes sein, weil die Medikamente ihren Geschmackssinn stark einschränken, also hatte ich pikanten Gorgonzola gewählt, und ihr auch den Namen der Käsesorte mitgeteilt. 
"Der Gorillakäse ist gut", lobte sie meine Wahl ein paar Minuten später.
"Du bist auch so ein Gorilla..." frotzelte ich, und es gab wieder einen gemeinsamen Lachanfall, der meine Mutter an etwas erinnerte, das sie mir noch gar nicht erzählt hatte. 

"Du, stell dir vor", fing sie an, "da hat neulich Abend so ein Institut bei mir angerufen."
Ich spürte, wie die Alarmglocken in meinem inneren System anfingen zu bimmeln.
"Als das Telefon klingelte, habe ich zuerst gedacht, dass du es bist, weil du vielleicht irgendwas vergessen hast", fuhr meine Mutter fort, und schilderte die Situation weiter: "Ich war schon im Bett, es war ja schon spät, nach acht Uhr abends. Und da war ein Mann in der Leitung, der sich namentlich vorgestellt hat, von einem Institut. Der hat mich gefragt, ob ich die Frau Sowieso bin."
"Du hast hoffentlich gleich aufgelegt?!", sagte ich besorgt.
Meine Mutter schüttelte lachend den Kopf. "Ich habe zu ihm gesagt: Ja. Noch!"
Sie lachte sich halb schlapp, bevor sie weitersprechen konnte, während ich mich fragte, wie die Telefonnummer meiner Mutter in die Hände der Anrufer geraten sein konnte.
"Er hat mich gefragt, ob ich das Forsa Institut kenne," sagte meine Mutter, und ich atmete erst mal auf: Doch kein Enkeltrick am späten Abend.
"Und?", hakte ich nach, um mehr Informationen zu erhalten.
"Gehört habe ich das schon öfter", sagte meine Mutter, "aber ich weiß nicht, was das ist."
Ich erklärte ihr, dass Forsa ein bekanntes Meinungsforschungsinstitut ist, und auch bei mir gelegentlich anruft, ebenfalls zwischen 20 und 21 Uhr, nur um zu erfahren, dass ich bei der Befragung nicht mitmachen will. Meine Mutter wiederum ist Gesprächen nicht abgeneigt, vor allem dann nicht, wenn es um ihre Meinung geht.
Es war nicht herauszukriegen, wie die abendliche Befragung im Einzelnen abgelaufen ist, aber Meinungs- und Marketingforschungsinstitute stellen an manchen Stellen schon knifflige Fragen, die meine Mutter definitiv nicht mehr beantworten kann. Hinzu kommt die Befragungsmethode: Wenn man sagen muss, ob man absolut oder überwiegend, oder weder noch, oder eher nicht, oder überhaupt nicht, und auf einer Skala von eins bis fünf mit einer vorformulierten Aussage einverstanden ist, kommen selbst wache Menschen ins Schleudern. Meinungsforschung ist eine spezielle Angelegenheit, und meine Mutter war vermutlich sehr schnell überfordert.
"Entschuldigen Sie, ich habe Mattscheibe", muss sie wohl gesagt haben, und "ich habe was am Kopf." Besser kann sie ihren Zustand selbst nicht mehr erklären, und damit war die Befragung ziemlich schnell zu Ende. 😅

Mich würde jetzt interessieren, was der Forsa-Mitarbeiter während des Gesprächs für ein Gesicht gemacht, und was er danach in seine Kundendatei notiert hat. Ob die jemals wieder hier anrufen? Ich hoffe nicht. Sollte ich im Fernsehen Ergebnisse von Forsa-Umfragen erfahren, und dabei lernen, dass Befragte im Alter über 80 Jahre gerne Gorillakäse essen und Kuchen mit E605 backen, dann weiß ich jedenfalls, woher diese Aussagen stammen. 😜

Das alles erklärt natürlich nicht, warum ich mich heute fürs pinke Bullenhass-Graffiti entschieden habe. Habe ich auch Mattscheibe oder etwas am Kopf? Vielleicht. Auf jeden Fall finde ich das frühlingshafte Fotomotiv schöner als eine thematisch passende Nahaufnahme von Blauschimmelkäse an einem Telefonhörer. 😁

Mehr #Muttergeschichten, Warum klebt der Käse an der Wurst?, Kuchenbacken, Tür an Tür mit... Doris?, Telefonjoker, Michelangelos neuester Hit, Briefwahl, Personalfragen

Siehe auch: FOMO - Fear Of Missing Out, Fneiherl fün ACABolle, Dadaffiti, #Graffiti, #Gegensätze, #Frühling, #pink

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