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#Muttergeschichten #Fußball #EM2024
Die
Rückkehr ins Mutterhome nach einem freien Wochenende ist vergleichbar
mit dem Wiedereintritt einer Raumfähre in die Erdatmosphäre. Nach der
Schwerelosigkeit in den unendlichen Weiten des Alls muss man erst mal
aufpassen, dass das Raumfahrzeug nicht verglüht. Danach ist es wieder
der Anziehungskraft der Erde ausgesetzt, und hat hoffentlich eine
halbwegs weiche Landung auf dem schnöden Boden der Alltagsrealität. So
ein Manöver ist nicht ungefährlich, darum darf man nichts dem Zufall
überlassen. 🌌 🚀🌍
Abgesehen von den abklingenden Rückenschmerzen ist mein "Raumschiff" heute sicher im Mutterhome gelandet. Vom Flohmarkt hatte ich einen weihnachtlichen Kopfschmuck mitgebracht, ein güldener Haarreif mit einer silbergolden funkelnden Rentiergeweihnachbildung aus Plastik. Die ist etwas wabbelig, weil schon mal benutzt, aber auf jeden Fall ist das Teil ein echter Hingucker auf meinem Kopf. Eine Beleuchtung wäre natürlich fein gewesen, dann hätte ich auch noch Ähnlichkeit mit einem Glühwürmchen. Als ich den Kopfschmuck aus der Flohmarktkiste aufprobierte, bestätigte mein Freund aus Berlin "Du kannst wirklich alles tragen!", und so ist es auch. Das Rentiergeweih sitzt perfekt, und mein Auftritt hat die Mutter binnen Sekundenbruchteilen in einen überaus fröhlichen Zustand versetzt. 😂
Nachdem
der emotionale Boden bereitet war, erkundigte ich mich nach den
Fußballergebnissen, und erhielt einen ausführlichen Bericht über das
Spiel England gegen Serbinien. Bei dem sind Biertische durch die Gegend
geflogen, und die Polizei hat offenbar auch mitgespielt. Das mussten die Einsatzkräfte auch, denn die englische Mannschaft hatte sich in zwei geraden Reihen vor dem gegnerischen
Tor aufgestellt und nicht bewegt. Nur der Superstar Kane hatte
Anweisung, sich zu bewegen, so meine Mutter. Der ist dann aber doch die
ganze Zeit auf dem Boden gelegen, zwischen zwei serbinischen Spielern. Das klingt für mich nach Rasen-Schach, oder irgendeiner anderen recht originellen Sportart, die ich noch nicht kenne, aber okay. Zuvorderst war ich baff, dass meine Mutter den Namen Kane mühelos in ihre Erzählung eingeflochten
hatte. Nach der ausführlichen Schilderung fehlte mir aber doch noch eine relevante Information.
"Wie ist das Spiel ausgegangen?"
"Ja wie!!!??",
polterte meine Mutter ob meiner dummen Frage, als ob das nicht
selbserklärend sei: "1:0 für die Tommies." Gut, dass gerade kein
Hooligan im Wohnzimmer stand, sonst wäre vielleicht noch ein Tisch durch
die Gegend geflogen. 😅
Meine Mutter legte ihr Besteck parallel auf den
Tisch, um mir zu demonstrieren, wie die Reihen der Engländer vor dem
serbinischen Tor gestanden waren.
"Das ist doch kein Fußball",
schimpfte sie, und sinnierte über die rhetorische Frage, warum
eigentlich immer die Spanier gewinnen, und nicht die... "Wo kommt unser
Xhulio her?" (Albanien. Das ist nicht Kroatien, die gegen die Spanier verloren hatten, aber Albessinien gegen Italien gibt notfalls auch einen Punkt.)
Ob die Isländer diesmal wieder dabei
sind, hatte ich sie gefragt, und im Brustton der Überzeugung hatte sie "Ja, natürlich" gesagt, aber
nein, die haben sich diesmal nicht qualifiziert. Es wäre wahrscheinlich das einzige Vorrundenspiel, bei dem
ich zuschauen würde, allein wegen der legendären Huh!! Anfeuerungsrufe im Stadion. Rentiere gibt's in Island übrigens auch. 😁
Über
den hohen Sieg der deutschen Mannschaft am Freitagabend hatte meine
Mutter in ihrem Bericht kein Wort verloren. Sie vergisst zwar einiges, das aber sicher nicht, auch wenn es schon fast drei Tage her ist. Erst weit nach dem Mittagessen erlaubte ich mir eine
weitere Nachfrage:
"Was sagst du denn zum Ergebnis gegen die Schotten?"
Sie zögerte und überlegte eine ganze Weile sehr genau, bevor sie ihr Urteil abgab:
"Es war das höchste Ergebnis seit einer ganzen Weile."
Uh! Von
Freude keine Spur. Es ist ja auch blöd, wenn der von ihr so verhasste
Trainer auf einmal hoch gelobt wird... Ich wette meine Mutter hofft beim
nächsten Spiel auf eine Niederlage des DFB-Teams, nur damit der Mümmelmann endlich in die Wüste geschickt wird. Das Thema lasse ich also lieber ruhen, bis
sie von selber wieder etwas dazu sagt. Aber wie steht es um die deutsche Mannschaft? Könnte sie der nicht mal ein bisschen Erfolg wünschen?
Zuletzt hatte meine Mutter irgendwelchen
Fernsehleuten in irgendeinem Morgenmagazin mangelnden Nationalstolz attestiert, weil sie die
Deutschlandfahne verkehrtherum in die Kamera gehalten hatten. In diesem
Moment war ich mir selber auch nicht mehr sicher, wie herum man das Ding
hält. Der Bundesadler wäre ein hilfreicher grafischer Hinweis für Dummies
mit Rentiergeweih auf dem Kopf. 😅
"Meinst du die Uschi kommt heute zum Spiel rüber?", warf meine Mutter unversehens in den Raum.
Uschi
ist der Name einer Freundin aus der Nachbarschaft, und die interessiert
sich sehr für Fußball. Mit dieser Uschi gehe ich manchmal ein Eis essen, wenn ich eine
Pause im Mutterhome brauche. Darum war ich erstaunt, wieso meine Mutter
sie erwähnte, und fragte, ob Uschi zum (welchem?) Spiel (zu uns?)
rüberkommen würde. Mein verständnisloser Gesichtsausdruck passte zum Rentiergeweihschmuck, aber der Irrtum klärte sich schnell auf:
"Die Flinten-Uschi!", rief meine Mutter, und "Ukraine!!!"
Ach
so, die Ursula von der Leyen... Ob die heute zum Spiel rüberkommt, ist
mir herzlich egal. Der Olaf war am Freitag ja auch verhindert; der musste zum G7
Gipfel, und das ist wirklich wichtiger als Schottenröcke an grünem
Rasen. Außerdem hätte der Scholz neben unserem Markus Söder nur eine 5:1 Niederlage kassiert. Ihren Liebling Markus hat meine Mutter auch nicht erwähnt, obwohl er doch -
wie ich aus der Presse erfahren habe - wieder mal ein amüsantes
Faschings-Outfit für das große Ereignis gewählt hatte...
Bleibt für heute also festzuhalten: Mit meinem Rentiergeweih bin ich bestens aufgestellt, und nach dem gerade laufenden Spiel - mit oder ohne Uschi - serviere ich einen Eiskaffee. Das ist immer gut, um die Laune im Mutterhome in schwierigen Situationen aufrecht zu erhalten.
"Mümmelmann, zieh dich warm an!", lacht die Mutter gerade. Ja, es ist gut, wenn man seine Feinde kennt. Halbzeitpause...
Siehe auch: Flohmarkt in der Maxvorstadt, Auf Empfang, Die Schotten rocken wirklich, Ja sowas!, Schland..., Da lachen ja die Hühner, Klebefilmreif
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